Schmiergeld-Krise bei Ferrostaal
Der Siemens-Korruptionsbeauftragte soll nun helfen.
Essen/ München. Der Vorstandschef fristlos entlassen, ein Spitzenkollege in Untersuchungshaft und bis zu 180 Millionen Euro als mutmaßliches Schmiergeld in dunklen Kanälen - beim Anlagenbauer Ferrostaal brennt es im Korruptionsskandal lichterloh.
Mit der Abberufung von Matthias Mitscherlich - er ist der Sohn des berühmten Psychoanalytiker-Paares Margarete und Alexander Mitscherlich - hat der Aufsichtsrat aber zugleich einen Feuerwehrmann geschickt: Andreas Pohlmann, der bisherige Korruptionsbeauftragte von Siemens, erhält in Essen ein neu geschaffenes Vorstandsmandat. Viele verstehen das als Hinweis auf die Dramatik der Situation.
Ferrostaal kann von Pohlmanns Vorgehen lernen - zunächst mal beim Umgang mit der Staatsanwaltschaft: Nachdem die Fahnder im Sommer 2009 eher zufällig bei der Durchsuchung von MAN auf Hinweise für unsaubere Ferrostaal-Geschäfte gestoßen waren, hätte es zahlreiche Gelegenheiten gegeben, die Affäre beizulegen.
Doch Mitscherlich soll sich geweigert haben. 2009 lehnte er ein erstes Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Ermittlungen gegen einen hohen Millionenbetrag einzustellen und erklärte trotzig: "Wir schmieren aus Prinzip nicht."
Ob Mitscherlich bewusst überreizte oder von verdächtigen Zahlungen nichts gewusst hat, wird ermittelt. Jedenfalls hätte der Manager, der den Anlagenbauer seit Anfang 2003 führt, allen Anlass zur Vorsicht gehabt. Ferrostaal mit seinen 1,6 Milliarden Euro Umsatz und 4.400 Mitarbeitern ist als Generalunternehmer eine "Geheimwaffe" der deutschen Exportwirtschaft in korruptionsanfälligen Ländern Lateinamerikas und Nordafrikas. Ob da alle Beraterhonorare durch Leistungen abgedeckt waren oder auch nur die Empfänger auf dem Überweisungsträger erreichten - wer wollte dafür die Hand ins Feuer legen?
Die Staatsanwaltschaft reagierte mit dem Aufbau einer Ferrostaal-Task Force und vergrub sich erst recht in die Akten. Sie kritisiert etwa ein U-Boot-Geschäft mit Griechenland, bei dem 80 Millionen Euro Beraterhonorar gezahlt wurden. Einen Elf-Millionen-Euro-Scheck an eine Firma in der Karibik soll Mitscherlich unterschrieben haben - deshalb wird gegen ihn persönlich ermittelt.
Mit Befremden reagierten die neuen Mehrheitseigentümer, der Abu Dhabi-Staatsfonds Ipic. Er hatte große Pläne mit Ferrostaal im Mittleren Osten - der Umsatz sollte sich in wenigen Jahren auf vier Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Das schien infrage gestellt. Ferrostaal-Aufsichtsratschef Georg Thoma betrieb deshalb die Ablösung Mitscherlichs. Einem Ferro-staal-Mann traut er offenbar nicht: Der neue Chef soll von außen kommen.