Siemens spart beim Management
Vorstandschef Peter Löscher ist seit einem Jahr im Amt und will nun bei den leitenden Angestellten den Rotstift ansetzen.
München. Der Elektrokonzern Siemens kommt auch ein Jahr nach dem Amtsantritt von Vorstandschef Peter Löscher nicht zur Ruhe. Die Spekulationen um einen Abbau von bis zu 15 000 Jobs sorgen für Unruhe bei den Beschäftigten, der größte Schmiergeld-Skandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte hält Siemens weiter in Atem und der Verkauf der Festnetzsparte SEN hängt noch immer in der Luft.
Löscher selbst will zwar Optimismus verbreiten: "Ich gehe mit derselben Freude und Begeisterung in das zweite Jahr meiner Amtszeit, wie das auch am 1. Juli vergangenen Jahres war, als ich hier angefangen habe", ließ er kürzlich seine Mitarbeiter über die Hauszeitschrift wissen.
Doch bei seinen öffentlichen Auftritten ist dem 50-jährigen Österreicher die Anspannung anzumerken.
Vor allem die geplanten Milliarden-Einsparungen in Vertrieb und Verwaltung dürften in den kommenden Monaten für reichlich Konfliktstoff mit Arbeitnehmervertretern sorgen.
"Das wird nicht gänzlich geräuschlos vonstattengehen", weiß auch Löscher. Siemens will in diesen Bereichen bis 2010 die Kosten um 1,2 Milliarden Euro drücken, die Sparpläne sollen vor allem das obere und mittlere Management treffen.
"Es kann nicht sein, dass wir nur bei den Arbeitern Opfer einfordern. Es geht uns jetzt um die Lehmschicht - vor allem das obere und das mittlere Management", sagte Löscher in einem Interview.
Bei der Gewerkschaft wächst derweil der Unmut darüber, dass noch immer keine klaren Zahlen auf dem Tisch liegen. "Die Masse der Einsparungen wird im Zweifel auf Kosten des Personals gehen", fürchtet man im Siemens-Team der IG Metall.
Man wolle Löscher in jedem Fall daran messen, ob er sein Versprechen beim Amtsantritt einlöst und Siemens als integrierten Technologie-Konzern mit einer starken Basis in Deutschland erhält.
Die Berufung des Österreichers an die Konzernspitze im Mai vergangenen Jahres galt als Überraschungscoup: Selbst vielen Branchenexperten war der frühere Pharma-Manager, der Stationen bei Hoechst und Aventis, beim Siemens-Rivalen General Electric und bei Merck hinter sich hat, kein Begriff.
Deshalb gab es auch Skepsis, ob er es schaffen könne, den von der Schmiergeld-Affäre gebeutelten Elektrokonzern mit 435000 Beschäftigten in ruhigeres Fahrwasser zu steuern.
Seither hat Löscher bei Siemens viel bewegt, wie ihm Beobachter anerkennend bescheinigen. "Er kümmert sich um die richtigen Themen", sagt der Corporate-Governance-Experte Klaus-Peter Gushurst von Booz & Company. Beim Konzernumbau, den schon Löschers Vorgänger Klaus Kleinfeld forcierte, verschärfte der Österreicher noch einmal das Tempo.
Jetzt steht Siemens auf den drei Standbeinen Energie, Gesundheit und Industrie mit insgesamt 15 Sparten. Der Vorstand wurde um drei auf acht Mitglieder verkleinert und den Geschäftsgebieten verordnete Löscher höhere Margenvorgaben.
Und der Wandel "geht weiter", sagt er. Das Ziel für den Konzern: Mehr Schlagkraft und Wachstumsstärke im internationalen Wettbewerb.
Neben den Spekulationen um den Konzernumbau begleitet auch der Schatten der Schmiergeld-Affäre Löscher in sein zweites Jahr als Siemens-Chef.
Der Top-Manager macht sich keine Illusionen darüber, dass die Aufarbeitung den Konzern noch lange beschäftigen wird.