Steuerzahler retten stolzen Finanzplatz London

Der Noteinstieg des Staates als Aktionär bei drei der wichtigsten Banken Großbritanniens hat gravierende Folgen.

London. Es ist nicht weniger als das Ende einer Ära: Mitdem Noteinstieg des Staates als Aktionär bei drei der wichtigstenBanken Großbritanniens ändert der schillernde Finanzplatz London fürimmer sein Gesicht. Das Bankenviertel mit seinen glitzerndenHochhäusern und die stolzen Manager mit ihren millionenschwerenBonus-Zahlungen mussten vom Steuerzahler vor dem Kollaps gerettetwerden.

Die Erschütterungen der weltweiten Finanzkrise haben deneineinhalb Jahrzehnte dauernden Aufstieg Londons zu EuropasFinanzzentrum vor Städten wie Frankfurt auf absehbare Zeit beendet.

Bis zum Ausbruch der Krise war London lange Zeit Magnet für Finanzjobsund Investitionen aus aller Welt. US-Banken verlegten ihreEuropazentrale an die Themse, europäische Häuser wie die Deutsche Banklagerten Teile ihres Geschäfts ebenfalls in die britische Hauptstadtaus.

Ermutigt dazu wurden sie nicht zuletzt durch die wenigregulierende Politik von Gordon Brown, der vor seiner Ernennung zumPremierminister zehn Jahre lang Finanzminister in der Regierung vonTony Blair war.

Mit dem Einstieg des Staates bei der Royal Bank of Scotland (RBS) undden vor einer Fusion stehenden Banken HBOS und Lloyds TSB endete amMontag ein Kapitel englischer Bankengeschichte, das seinen Ursprung inden Reformen der früheren Premierministerin Margaret Thatcher Ende der80er Jahre hatte.

Die staatliche Rettung war der letzte Akt in der Entwicklung desBankenplatzes vom boomenden Finanzzentrum zum Patienten am Tropf desSteuerzahlers. Alles begann im Februar, als die Hypothekenbank NorthernRock verstaatlicht werden musste, nachdem sich nach monatelanger Suchekein geeigneter Käufer für das taumelnde Institut fand.

Die Bilder vonschlangestehenden Kunden, die ihre Ersparnisse in Sicherheit bringenwollten, waren ein Alptraum für die Finanzwelt und die Regierung -abgesehen davon, dass mit der Verstaatlichung ein Labour-Tabu gebrochenwurde.

Er folgten die Entscheidung zur Notfusion des größten britischenBaufinanzierer Halifax Bank of Scotland (HBOS) mit Lloyds TSB, bei derjegliche Wettbewerbsprinzipen über Bord geworfen wurden und dieTeilverstaatlichung des Baufinanzierers Bradford & Bingley.

Aber nicht nur für die britischen Banken änderten sich die Verhältnisseam Finanzplatz London. Nachdem die Schockwellen des Erdbebens an derWall Street auch Großbritannien erreicht hatten, stelltenNiederlassungen ausländischer Finanzhäuser ihren Betrieb im Königreichteils ein, Millionen von Kunden hatten nach Notübernahmen über Nachteine neue Hausbank.

Bislang verloren zehntausende Bank- Beschäftigteihren Job. Experten schätzen, dass durch den Niedergang desFinanzplatzes London über 100 000 Jobs bis zum Jahr 2010 auf der Kippestehen.

Offen ist, wie es mit London als Finanzmetropole weitergeht. Sollte dasRettungspaket der Regierung das Vertrauen in die Märkte nichtwiederherstellen, droht das totale Chaos. Aber auch boomende Städte wieDubai oder Shanghai könnten London den Rang als wichtiges Finanzzentrumstreitig machen.

Von solchen Unkenrufen will Premierminister Brownnichts hören: „Ich denke, London kann seine Position durch den Wandelverbessern und wird auf lange Sicht gestärkt werden.“