Tickets: Preisrunde schreckt Bahnkunden ab
Der Konzern wollte „Augenmaß“ zeigen. Pro Bahn hält die Erhöhung für überflüssig.
Berlin. Es hat in diesem Jahr etwas länger gedauert, dann kam sie aber doch noch: Die Ankündigung der scheinbar unvermeidlichen Bahnpreiserhöhung zum Jahreswechsel. Diesmal schlägt die bundeseigene Deutsche Bahn aber nicht so kräftig zu wie in den Vorjahren. Die Fahrkarten werden Mitte Dezember im Durchschnitt 1,8 Prozent teurer, eine "Entscheidung mit Augenmaß", wie Bahn-Vorstandsmitglied Ulrich Homburg zufrieden feststellt.
Andere sind nicht so begeistert. Karl-Peter Naumann, Chef des Fahrgastverbands Pro Bahn, hält die Anhebung für überflüssig, finanziell seien es "Peanuts" (Kleinkram), aber Gift fürs Image des Schienenkonzerns.
Die Bahn kalkuliert dem Vernehmen nach im kommenden Jahr lediglich mit Mehreinnahmen von 50 Millionen Euro - bei einem Jahresumsatz von zuletzt 33,5 Milliarden Euro (2008). Das Management rechtfertigt die Preisanhebung mit den "deutlich gestiegenen Personalkosten". So bekämen die Eisenbahner allein 2009 und 2010 insgesamt 4,5 Prozent höhere Tarifeinkommen.
Im Sommer 2008 waren noch die stark gestiegenen Energiepreise ein Hauptargument für die damals verkündeten 3,9 Prozent Preissteigerung. Offiziell sind die Energiekosten nun kein Thema mehr. Unter der Hand argumentiert man bei der Bahn, dass Strom - anders als Öl und Gas - binnen Jahresfrist nicht billiger geworden sei und der Konzern für Diesel langfristige Lieferverträge habe. Eigentlich, so heißt es intern, hätte man die Fahrpreise um drei Prozent anheben müssen, wenn es allein um die Deckung der gestiegenen Kosten gegangen wäre.
Tatsächlich handelt es sich um den niedrigsten prozentualen Preisanstieg seit 2004. Seit damals lagen die jährlichen Preiserhöhungen gleichwohl stets deutlich über der allgemeinen Teuerungsrate, so auch in diesem Jahr.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) wirft der Bahn dagegen vor, ihre Fahrgäste an den Verlusten zu beteiligen, die sie wegen der Konjunkturflaute derzeit im Güterverkehr erwirtschaftet. Eine solche Preispolitik schrecke letztlich Fahrgäste ab, sagt der VCD-Vorsitzende Michael Gehrmann. Gerade jene, die regelmäßig mit der Bahn unterwegs seien, würden am stärksten von den Preiserhöhungen getroffen. Die treuesten Stammkunden, Besitzer von Bahncard 50 und Bahncard 100, würden "wie Stiefkinder behandelt" und müssten abermals tiefer in die Tasche greifen.
Bahn-Vorstand Homburg, für den Personenverkehr zuständig, sieht das anders. Er versteht die Preisanhebung gleichsam als Kompromiss zwischen den "berechtigten Interessen unserer Kunden" und den "wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Unternehmens". "Im Vergleich zum Auto und Flugzeug bleiben wir weiterhin sehr günstig", vor allem wenn man die vielfältigen Rabatte berücksichtige, sagt Homburg. Der Konzern müsse sich auch vor den Tarifen der meisten Verkehrsverbünde in Deutschland nicht verstecken. Die hätten die Preisschraube stärker angezogen als die Deutsche Bahn. Der Verkehrsverbund Rhein Ruhr nimmt seit 1.August 3,4 Prozent mehr.