Wachstum: Die Wirtschaft schrumpft

Der Abschwung hat Deutschland erfasst. Die Aussichten sind nicht rosig.

Wiesbaden. Erst wurde die deutsche Wirtschaft als ökonomischer "Supermann" bejubelt, jetzt reden alle von einer harten Landung. Der Katzenjammer ist groß - doch die Stimmung ist schlechter als die Lage.

Die vielbeschworene Rezession steht laut Experten nicht vor der Tür. Zwar hat das Wachstum mit einem Minus von 0,5 Prozent im zweiten Quartal eine Pause eingelegt. Doch zu einem guten Teil waren dafür Sondereffekte verantwortlich.

Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aussichten für das zweite Halbjahr nicht rosig sind. Der Abschwung hat Deutschland erfasst. Die Finanzmarktkrise, der hohe Ölpreis und der starke Euro sind ein gefährlicher Cocktail. Wegen des starken Jahresauftakts liegen die meisten Prognosen für 2008 noch bei zwei Prozent. 2009 dürfte die Wirtschaft aber nur noch um rund ein Prozent wachsen.

"Man sollte nicht schon das Gespenst einer Rezession an die Wand malen", sagt Bundesbank-Präsident Axel Weber. Es sei typisch für konjunkturelle Wendepunkte, dass der Abschwung bei Firmen und Verbrauchern Angst auslöse und heftiger wahrgenommen werde als ein beginnender Aufschwung. Nach dem robusten Zuwachs der vergangenen beiden Jahre mit 2,9 und 2,5 Prozent sind die Deutschen verwöhnt.

Unter einer Rezession versteht man einen langanhaltenden Abschwung mit mindestens zwei Quartalen schrumpfender Wirtschaftsleistung. Zwar dürfte die Wirtschaft im Sommer stagnieren, sich jedoch bis zum Jahresende wieder leicht erholen. "Die fetten Jahre sind vorbei", sagt der Chefvolkswirt der Allianz/Dresdner Bank, Michael Heise.

Die weltweite Abkühlung schlägt durch. Deutschland ist es nicht - wie lange erhofft - gelungen, sich von der schwächelnden US-Wirtschaft abzukoppeln. Das Wachstum des Exportweltmeisters wird allein vom Außenhandel angeschoben.

Sorgen bereitet auch der schwächelnde Konsum, der zwei Drittel der Wirtschaftsleistung ausmacht. Von dem erhofften Comeback des Verbrauchs, der 2007 von der Mehrwertsteuererhöhung abgewürgt wurde, ist keine Spur zu sehen. Die hohe Inflationsrate von 3,3 Prozent entzieht den Verbrauchern Kaufkraft. Wer seinen Geldbeutel an der Tankstelle und im Supermarkt leert, kann nicht mehr shoppen gehen.

Es gibt aber durchaus Lichtblicke. Der Ölpreis geht wegen der schlechteren Konjunkturaussichten von seinem Rekordniveau zurück. Seit Mitte Juli ist er um rund 20 Prozent gesunken. Allianz-Volkswirt Heise rechnet bis Jahresende mit einem Ölpreis von 90 Dollar pro Barrel (159 Liter). Sollte der Trend anhalten, wird die Inflation nachlassen. Das könnte den Konsum doch noch beleben.