Wieder Streik bei Amazon - Druck auf Weihnachtsgeschäft
Bad Hersfeld/Leipzig (dpa) - Die Gewerkschaft Verdi setzt die Streiks beim Online-Versandhändler Amazon fort und will das Unternehmen im wichtigen Weihnachtsgeschäft unter Druck setzen.
Hunderte Beschäftigte legten am Montag in Bad Hersfeld und Leipzig erneut die Arbeit nieder. Ob der Streik am größten deutschen Standort in Bad Hersfeld über Montag hinaus andauert, ließt Verdi offen. „Wir behalten es uns vor, kurzfristig zu weiteren Streiks aufzurufen“, sagte eine Sprecherin. In Leipzig wurde nur am Montag gestreikt, wie ein Sprecher sagte. Trotz des Arbeitsausstands gebe es „keinerlei Auswirkungen auf den Versand an Kunden“, sagte ein Amazon-Sprecher.
Am Standort Bad Hersfeld, wo sich zwei Verteilzentren befinden, beteiligten sich nach Angaben von Verdi rund 600 Mitarbeiter. Amazon nannte keine Zahlen. Bei einer Streikversammlung in der Innenstadt von Bad Hersfeld nahmen laut Verdi 400 Menschen teil. „Die Stimmung ist gut. Wir sehen eine hohe Bereitschaft, den Ausstand fortzusetzen“, sagte die hessische Gewerkschaftssekretärin Mechthild Middeke. Begonnen hatte der Ausstand diesmal bereits in der Nacht.
In Leipzig beteiligten sich nach Angaben von Verdi und Amazon rund 450 Beschäftigte am Streik. „Trotz der Kälte sehen wir eine hohe Motivation. Aber es ist schon sehr eisig. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, damit sich die Leute nicht den Hintern abfrieren“, sagte Jörg Lauenroth-Mago von Verdi. „Wir werden im Weihnachtsgeschäft immer wieder Nadelstiche setzen“, kündigte er an.
Verdi fordert einen Tarifvertrag nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels. Amazon lehnt dies ab und orientiert sich an den günstigeren Konditionen der Logistikbranche. Deswegen kommt es seit dem Sommer immer wieder zu Streiks. Bei Amazon in Deutschland arbeiten rund 9000 Mitarbeiter in acht Versandzentren. In Bad Hersfeld sind es mehr als 3300 Menschen, in Leipzig rund 2000.
Dave Clark, als Vorstandsmitglied zuständig für die globale Logistik-Expansion des Versandriesen aus Seattle, sagte der Zeitung „Die Welt“ (Montag), man lehne alle formellen Gespräche mit Verdi über einen Tarifvertrag ab: „Wir pflegen eine direkte Beziehung mit unseren Leuten: Durch Betriebsräte und Mitarbeiterforen, und durch viele Möglichkeiten zum Feedback. Verdi ist nicht Teil dieser Beziehung, deswegen verwende ich nicht viel Zeit für sie.“
Laut Verdi gibt es in diesem Jahr erstmalig eine Sonderzahlung von 400 Euro für die Versandmitarbeiter und 600 Euro für die Vorarbeiter (Leads). Doch diese freiwillige Leistung des Arbeitgebers sei noch weit vom Tarifanspruch entfernt, befand die Gewerkschaft.
Der hessische Verdi-Verhandlungsführer Bernhard Schiederig sagte: „Wir sind bereit, diesen Tarifkampf auf längere Dauer zu führen.“ Es gehe der Gewerkschaft nicht darum, die Amazon-Kunden zu verärgern, sondern eine Tarifbindung zu erreichen. „Nur durch Streiks können wir wirtschaftlichen Druck auf das Unternehmen ausüben.“