1959: Die letzte Fahrt der Barmer Bergbahn
Am 4. Juli 1959 musste die Barmer Bergbahn ihren Betrieb einstellen — gegen den Willen vieler Wuppertaler.
Barmen. 23 Herren und drei Damen fanden sich 2009 zusammen, um einer Utopie auf die Sprünge zu verhelfen. Das Ziel, das sie in ihrer Vereinssatzung formulierten, war hoch gesteckt: „Die am 4. Juli 1959 stillgelegte Barmer Bergbahn soll weitestgehend nach historischem Vorbild rekonstruiert und an gleicher Stelle wieder aufgebaut werden. Das gilt sowohl für die Trasse als auch für die Triebwagen und die Betriebsgebäude.“
Diesem Wunsch steht so manches entgegen, zumal bei der Stilllegung ganze Arbeit geleistet worden war. Als die Barmer Ersatzkasse (heute Barmer GEK) im Oktober 1984 zu ihrem 100-jährigen Bestehen ein Bergbahndenkmal stiftete, da musste sie Radsatz und Zahnkranz für das Monument aus Stuttgart beziehen. Die Originalwagen nämlich waren restlos verschrottet, so als habe man allen Gedanken an eine Wiederinbetriebnahme vorbeugen wollen.
Bei ihrer Eröffnung am 16. April 1894 war die Barmer Bergbahn eine Weltneuheit. Schon Jahre zuvor hatte es Pläne gegeben, die Ausflugsziele auf den Südhöhen mit einem bequemen Transportmittel zu erschließen. Allerdings waren zwischen dem Wupperufer in Barmen und dem 1888 errichteten Toelleturm Steigungen von bis zu 16,8 Prozent zu bewältigen.
Bei diesem Gewaltakt entschlossen sich die Barmer Pioniere für ein System der Firma Siemens & Halske. Damit erhielt das Wuppertal die erste zweigleisige, elektrisch betriebene Zahnradbahn der Welt. Ihren Strom bezog sie aus einem eigens gebauten Kraftwerk beim Talbahnhof.
Nur zwölf Minuten benötigte das Barmer Kraftpaket für die 1,7 Kilometer lange Strecke von der Talstation „Am Clef“ über die Haltestellen „Planetarium“ und „Talblick“ bis hinauf zum Toelleturm. Die Betreiber begingen freilich den Fehler, in den vielen Dienstjahren der Bahn kaum Geld in Wartungsarbeiten zu investieren. Selbst nach den schweren Kriegsschäden des Jahres 1943 wurde das scheinbar unermüdliche Gefährt bald wieder auf die Reise geschickt.
So kam es nicht überraschend, dass der Rat der Stadt Wuppertal 1954 einem Antrag zustimmte, den Betrieb der Bahn einzustellen. Das einstige Weltwunder sei unwirtschaftlich, hieß es mit Blick auf die hohen Sanierungskosten und den betagten Wagenpark. Zudem war geplant, das Kraftwerk an der Talstation zu erweitern, um von dort den gesamten Stadtbezirk Barmen mit Energie versorgen zu können.
Viele Bürger waren sogleich erbost über die Entscheidung. Über Jahre vermochten sie die Stilllegung hinauszuzögern. Am 12. März 1958 erfolgte der Beschluss, die Zahnradbahn samt einigen Straßenbahnen durch Oberleitungsbusse zu ersetzen. Dann folgte die schrittweise Demontage des beliebten Unikums, das heute eine touristische Attraktion darstellen würde.
Ein Jahr nach der letzten Fahrt am 4. Juli 1959 wurden Schienen und Fahrleitungen durch die Barmer Anlagen entfernt und die meisten Fahrzeuge verschrottet. 1963 entfernte man die Brücke über die Bundesbahngleise. Die Talstation, deren Gelände die Wuppertaler Stadtwerke schon viele Jahre zuvor für den Ausbau des Heizkraftwerks reklamiert hatten, wurde erst 1964 abgerissen. Sieben Jahre später folgte die Demontage der Endstation am Toelleturm.
Immerhin hat sich dort die ehemalige Bahnhofsgaststätte als Restaurant „Zur alten Bergbahn“ erhalten. Im Rahmen der Regionale 2006 wurde die Trasse auf einem Teilstück freigelegt und mit 180 Granitstelen gesäumt — auch dies nicht ohne Unbehagen der Bürger. Deren Kritik betraf unter anderem die Wahl des Materials: Die Granitblöcke sollten aus China beschafft werden.