Großer Schock: Was tun nach der Diagnose HIV?
Berlin (dpa/tmn) - Die Diagnose HIV stellt Betroffene vor viele Probleme: Wem davon erzählen? Wie geht das Leben jetzt weiter? Wann beginnt die Therapie? Wichtig ist, nicht in Panik zu geraten und normal weiter zu leben.
Eine wertvolle Stütze sind verlässliche Freunde.
HIV-positiv - wer diese Diagnose bekommt, verliert erst einmal den Boden unter den Füßen. Dann ist es wichtig, jemanden zu haben, mit dem man über die Erkrankung reden kann. „Wir fragen unsere Patienten: Wer kann Ihre Person des Vertrauens sein?“, sagt Christoph Mayr, der im Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) ist. Das Humane Immunschwächevirus (HIV) ist die Ursache für die unheilbare Krankheit Aids.
„Es will wohl überlegt sein, wem man von der Infektion erzählt. Der Kollegenkreis zum Beispiel sollte nicht im Vordergrund stehen, so offen die Gesellschaft beim Thema Aids inzwischen auch sein mag“, rät der in Berlin tätige Facharzt für Innere Medizin im Vorfeld der Internationalen Aids-Konferenz in Washington (22. bis 27. Juli). Neben dem behandelnden Arzt sollte auf jeden Fall jemand aus dem Freundes- oder Familienkreis für den Infizierten da sein, gute allgemeine Ansprechpartner seien die Aidshilfen.
HIV-Positive machen nach der Diagnose am besten normal mit ihrem Alltag weiter, empfiehlt Mayr. Das Credo, das er seinen Patienten im ersten Gespräch immer nenne, laute: „Bitte planen Sie Ihr Leben so, wie Sie es gestern noch geplant haben.“ Denn heute gebe es sehr gute Behandlungsmöglichkeiten, die im besten Fall die Lebenserwartung nicht einschränken. Wenn diese Botschaft beim Patienten ankommt, sei viel gewonnen. Das sei vor 20, 25 Jahren anders gewesen: Damals habe die Medizin außer der Diagnose nichts anzubieten gehabt. „Die Lebensperspektive war deutlich eingeschränkt.“
Jeder Patient müsse sich aber darauf einstellen, regelmäßig in die Sprechstunde zu kommen und immer wieder Labortests machen zu lassen. Die Viruslast im Blut sollte irgendwann nicht mehr nachweisbar sein, wenn der Patient seine Medikamente regelmäßig nimmt. Weitere Ärzte brauche er in der Regel zunächst nicht aufsuchen. „Die Diagnose ist aus meiner Sicht immer noch ein einschneidendes Ereignis“, ergänzt der Mediziner. Einen aus der Bahn geworfenen Patienten hole er in einem stützenden ersten Gespräch zurück in die Realität. Manchmal sei aber auch begleitende psychologische oder psychotherapeutische Betreuung nötig.
Wie ein Mensch letztlich mit der Diagnose umgeht, hängt Mayr zufolge unter anderem davon ab, ob er sich klar war, dass er einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt war, berichtet der seit fast 30 Jahren im HIV-Bereich tätige Mediziner. Wem bewusst war, dass er sich anstecken könnte, reagiere meist etwas gelassener auf das positive Testergebnis. „Die einigermaßen Informierten fragen durchaus sofort, was jetzt medizinisch zu machen ist, was sie selbst tun können, um ihr Immunsystem fit zu halten und wann die Therapie beginnen kann.“
Heterosexuelle Single-Männer beschäftige oft zunächst, wie sie mit der Infektion umgehen, wenn sie eine Frau kennenlernen, wann sie es ihr sagen und was sie machen können, um die Übertragung zu verhindern. Hier könne er meist beruhigen, sagt Mayr: Es gebe gute Studiendaten, dass die Übertragung sehr unwahrscheinlich ist, wenn bei regelmäßig eingenommener Therapie das HI-Virus im Blut sechs Monate lang unterhalb der Nachweisgrenze ist.