60 Jahre durch dick und dünn: Toyota Land Cruiser

Karlsruhe (dpa/tmn) - Seit 60 Jahren wühlt sich der Toyota Land Cruiser unaufhaltsam durch Matsch und Morast, klettert tapfer über Steilhänge und Bergkuppen. Viele Offroad-Fahrer schwören auf den Geländegänger aus Fernost - und nehmen auch Oldtimer-Exemplare hart ran.

Auf Safari in der Savanne, auf Abenteuertour am Amazonas oder beim Hilfseinsatz im Himalaya: Fast immer, wenn man im Fernsehen Berichte aus den hintersten Winkeln der Welt sieht, fährt der Toyota Land Cruiser durchs Bild. Und das seit mittlerweile 60 Jahren. Denn der asiatische Allradler hat neben dem Land Rover Defender, Jeep Wrangler und Mercedes G-Modell nicht nur die längste Geschichte: Er kommt mit mehr als sechs Millionen Exemplaren auch auf die größte Stückzahl: „Kein anderer Geländewagen weltweit ist häufiger verkauft worden“, sagt Alexander Wohlfarth aus Weingarten bei Karlsruhe. Er ist Autor des Buchs „Legende Land Cruiser“ und gilt als Experte für den Allradler.

Die Geschichte des Klassikers kennt er aus dem Effeff: „Sie beginnt 1950 mit einer Entscheidung der in Japan stationierten US-Militärs“, berichtet Wohlfarth. Sie wollten ihre Geländewagen nicht mehr aus Amerika einschiffen, sondern lieber vor Ort kaufen. So kam es zu einer Ausschreibung, an der sich auch Toyota mit dem eilig aus Lkw-Teilen und alten Motoren zusammengezimmerten „Jeep BJ“ beteiligte - und erst einmal leer ausging. Denn die Soldaten entschieden sich für die Konkurrenz.

„Doch wo das Auto schon mal fertig war, hat Toyota es eben anderen Institutionen angeboten“, sagt Wohlfarth. Als der in nur fünf Monaten gebaute Prototyp unbeirrt über Tempel-Treppen rumpelte und bis zur sechsten Bergstation des Fuji kletterte, bestellten Polizei und Behörden die ersten Exemplare. Toyota lieferte den Wagen damals mit einem 63 kW/85 PS starken Sechszylinder-Benziner aus.

Die Stückzahlen waren allerdings noch vergleichsweise gering: Bis Ende 1953 wurden keine 300 Autos verkauft, heißt es in der deutschen Toyota-Zentrale in Köln. In dieser Zeit wurde auch der US-Hersteller Jeep auf den Allradler aufmerksam und reklamierte Titelschutz. Deshalb taufte Toyota 1954 den Jeep BJ in Land Cruiser um.

Zugleich begann der Wagen seine internationale Karriere. Erste Autos wurden nach Pakistan und Saudi Arabien exportiert. Ab 1958 ging das Auto in der mittlerweile zweiten Generation auch nach Amerika. Den großen Durchbruch brachte allerdings erst die dritte Auflage von 1960: Sie trug das Kürzel FJ40 und galt mit ihrem meist weiß lackierten Dach und der an ein Spielzeugauto erinnernden Front als schönste Modellvariante. Außerdem hatte sie mit einer Bauzeit von fast zwei Jahrzehnten im weit verzweigten Stammbaum des Land Cruisers am längsten Bestand. Der FJ40 war so charakteristisch, dass Toyota das Design fast 50 Jahre später beim US-Modell FJ Cruiser wieder aufgegriffen hat - ähnlich wie VW beim New Beetle die Käfer-Optik.

Nach Deutschland kam der Land Cruiser offiziell erst 1977. Seither hat sich Wagen hierzulande viele Freunde gemacht, sagt Wohlfarth. Vor allem die Oldtimer sind bei Fans beliebt. Einen dieser Klassiker stellte kürzlich ein Liebhaber für eine Testfahrt auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz in Bad Kissingen zur Verfügung.

Für den Geländetrip benötigt man zwar Oberarme wie ein Preisboxer, um den Toyota am dürren Lenkrad auf Kurs zu halten. Und auf den klapprigen Sitzen des spartanisch ausgestatteten Wagens hüpft man bei jeder Bodenwelle so hoch, dass einem der Überrollbügel Beulen am Kopf verpasst. Doch der 3,9 Liter große Sechszylinder kennt kein Halten: Nicht das Auto, sondern der Fahrer definiert die Grenze, wenn es mit 92 kW/125 PS im Kriechgang über Kuppen geht, vor denen sogar Panzer kapitulieren. Steilstrecken, Kletterpartien quer zum Hügel, Schlamm und Wasserdurchfahrten - all das kann dem Land Cruiser nichts anhaben. So wird selbst eine kleine Sonntagsfahrt zum Abenteuer.

Der Land Cruiser sei ein Auto, das sich „seit 60 Jahren tagtäglich unter schwierigsten Bedingungen bewährt“, sagt Wohlfarth. Egal, ob alt oder neu. „Und auch wenn die aktuellen Modelle für Preise bis zu 90 000 Euro teilweise mehr Hightech, Ausstattung und Luxus bieten als manche große Limousine, muss man den Wagen nicht mit Samthandschuhen anfassen.“

Die vielen Ahnen des aktuellen Allradlers taugen deshalb kaum zum liebevoll gepflegten Oldtimer für gemütliche Kaffeefahrten. „Aus diesem Grund wird der Land Cruiser auch nicht so häufig gehandelt wie ein VW Käfer Cabrio oder ein Mercedes SL“, erklärt der Experte. Dafür seien die Preise vergleichsweise niedrig: Schon für 5000 Euro gebe es einen rüstigen Klassiker. Und selbst die seltensten Serien wechseln nur selten für mehr als 25 000 Euro den Besitzer.

In Sammlungen und klimatisierten Garagen findet man betagte Land Cruiser so gut wie nie - eher in Kiesgruben, in der Sahara oder im Dschungel. „Selbst wenn sie schon 20 oder 30 Jahre auf dem Buckel haben“, sagt Wohlfarth. Dass sie dabei dreckig werden und auch mal ein paar Beulen bekommen, sei für die Besitzer ganz selbstverständlich: „Denn fürs Museum ist ein Auto wie der Land Cruiser viel zu schade.“