Das geteilte Auto - Carsharing erobert die Großstädte

Berlin/Düsseldorf (dpa/tmn) - Mein Haus, mein Auto, mein Boot? Das war gestern. Zumindest den Wagen teilen heute viele Menschen mit anderen. Carsharing heißt das Prinzip. Interessant ist es vor allem für Leute, die nur gelegentlich ein Auto nutzen.

Für viele gilt das Auto als eine der großen Anschaffungen des Lebens. Doch gerade Großstädter fahren zusehends auch Bus oder Fahrrad und legen lange Strecken mit der Bahn zurück. Wenn es doch mal das Auto sein muss, bietet sich Carsharing an: das Auto zum Teilen. Etwa 140 eigenständige Anbieter gibt es in Deutschland, vor allem in den Metropolen nimmt der Wettbewerb zu. Anfang 2012 gab es laut Bundesverband Carsharing 220 000 Nutzer. Zahlen für dieses Jahr liegen noch nicht vor. „Sie sind aber auf jeden Fall weiter gestiegen“, sagt Geschäftsführer Willi Loose.

Grundsätzlich gibt es zwei Spielarten: stationsbasiertes oder freies Carsharing, auch „Free-Floating“ genannt. „Das Auto wird irgendwo abgestellt und von dort wieder genutzt“, erklärt Loose. Diese noch junge Variante des Teilens ist Domäne der Autohersteller. Daimler und Europecar bieten gemeinsam Car2Go an, BMW und Sixt sind mit DriveNow vertreten.

Bei Carsharing mit festen Stellplätzen buchen die Fahrer im Vorfeld für einen bestimmten Zeitraum. Sie können zwischen mehreren Autoklassen wählen und sich darauf verlassen, den Wagen auch vorzufinden, wie Martin Klug von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf erklärt. „Man gibt das Auto an der gleichen Stelle zurück und zahlt für Minuten und Kilometer.“

Free-Floating sei im Vergleich dazu noch nicht so verbreitet. „Hier kann ich als Verbraucher nicht lange vorher planen“, sagt der Mobilitätsexperte. Die Fahrentscheidung falle eher spontan. „Ich kann auf dem Smartphone oder am PC nachsehen, wo das nächste Auto steht, ich setz' mich rein, fahre los.“ Meist gebe es nur eine Fahrzeugklasse: „In der Regel kleine Autos, die ich gut parken kann.“

Die Tarifstuktur der Anbieter sei weitgehend ähnlich, sagt Loose. Die Anmeldegebühr liegt zwischen 20 und 40 Euro. Dazu komme eventuell ein Monatsentgelt, das von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich sei und mit den Nutzungstarifen korrespondiere: „Wenn es eine monatliche Gebühr gibt, sind die Nutzungstarife meist günstiger.“ Beim stationären Carsharing liegen diese bei etwa bei 2 Euro pro Stunde plus 17 bis 22 Cent pro Kilometer. Daneben gibt es Vielfahrertarife.

Beim Free-Floating wird jede Minute abgerechnet, meist mit 29 Cent. Car2Go nimmt ab dem 21. Kilometer zusätzlich 29 Cent pro Kilometer. Und es gibt einen Parktarif: „Wenn ich zum Beispiel mit dem Auto zum Einkaufen fahre, kann ich das Auto auf dem Parkplatz damit besetzt halten“, erklärt Loose.

Carsharing hat vor allem für Gelegenheitsfahrer Vorteile: Anschaffungs- und Fixkosten sowie Reparaturen und Wartung eines Autos fallen weg, so der Automobilclub von Deutschland (AvD). Zudem hätten Fahrer die Wahl zwischen verschiedenen Fahrzeugklassen: der Kombi für den Einkauf, der Transporter für Umzüge, der Kleinwagen für Besuche.

Interessenten sollten zunächst ihr Mobilitätsverhalten prüfen. Gibt es eine Bushaltestelle vor der Tür? Brauche ich regelmäßig ein Auto? „Carsharing lohnt sich nicht, wenn ich nur zweimal im Jahr fahre“, sagt Verbraucherschützer Klug. „Dann benutze ich lieber einen Mietwagen.“ Er rät dazu, alle Kosten durchzurechnen. Wer im Jahr weniger als 10 000 Kilometer mit dem Pkw fährt, für den sei Carsharing grundsätzlich eine Option.

Wichtig ist dann, wo die Standorte sind. „Wenn die Autos zu weit entfernt sind, ist das nicht alltagstauglich“, sagt Klug. Danach können sich Verbraucher den Detailfragen widmen: Welche Autoklassen gibt es? Wie sind die Tarife genau? Gibt es eine Zugangsbeschränkung für Fahranfänger? Eine Kaution? Wie hoch ist die Selbstbeteiligung im Schadensfall? „Die Versicherung ist bei den Anbietern meist mit dabei.“ Allerdings mit Eigenbeteiligung.

Interessant ist auch, ob Autofahrer nur in der eigenen Stadt fahren wollen oder auch in anderen Städten. Im zweiten Fall komme es darauf an, in welchem System sich der favorisierte Anbieter befindet, erklärt Loose. „Innerhalb eines Systems kann ich mühelos die Fahrzeuge eines anderen Anbieters nutzen.“

Unter den stationären Angeboten seien 90 Prozent aller Fahrzeuge in einem von drei Systemen, erklärt Verbandssprecher Loose. Das sind Stadtmobil/Ebus, Cambio und Flinkster. Alle klassischen großstädtischen Anbieter seien in einem dieser Systeme. „Wenn mein Anbieter einem System angehört, kann ich alle anderen Fahrzeuge in anderen Orten nutzen, die ebenfalls diesem System angeschlossen sind.“ Die Free-Floating-Angebote seien dagegen bisher nur innerhalb ihrer eigenen Marke in anderen Städten nutzbar.

„Carsharing wird in der Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen, weil einige das eigene Auto aus Kostengründen abschaffen“, prognostiziert Cathrin von der Heide vom AvD. „Auch die Hersteller werden immer stärker in die Carsharing-Szene eingreifen und ihre teilweise schon vorhandene Flotten ausbauen.“