Verkehrssicherheit: Mehr Geduld, weniger Tote
Polizei und ADAC zeigen, was schon ein paar Stundenkilometer zu viel ausmachen.
Grevenbroich. Es muss schnell gehen. Unsere Zeiten sind schnelllebig, unsere Terminkalender voll. Wir haben keine Zeit, und häufig auch keine Geduld. Das merkt man auch auf den Straßen. Kaum jemand hält sich ganz genau an die Tempovorgaben, ein paar Stundenkilometer mehr auf der Nadel sind völlig normal.
Wer tatsächlich mit Tempo 70 auf einer Landstraße fährt, wird häufig sogar von nachkommenden Fahrern bedrängt. Dabei machen schon wenige Stundenkilometer zu viel im Ernstfall eben doch einen großen Unterschied aus.
Das zeigen auch die Vorführungen der Mönchengladbacher Polizei und des ADAC gestern im Fahrsicherheitszentrum in Grevenbroich. Zum bundesweiten Blitz-Marathon demonstrierten die Experten, wie sich schon ein paar Stundenkilometer mehr auswirken können: So fliegt Polizei-Dummy „Holger“ — eine Figur von der Größe eines Schulkindes mit Melonenkopf — rund zehn Meter weit, als er von einem Auto mit Tempo 30 erfasst wird.
Bei 40 Stundenkilometern sind es dann schon nahezu 40 Meter — also viermal so weit. Der ADAC zeigt in einer ähnlichen Übung, wie enorm sich der Bremsweg eines Fahrzeuges verlängert, wenn es statt mit 50 Stundenkilometern mit 65 unterwegs ist.
Am Rande des Übungsplatzes beobachtet auch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Vorführung. Die Ergebnisse bestätigen für ihn die Richtigkeit des Blitz-Marathons, der in Nordrhein-Westfalen ja bereits zum fünften Mal stattfand. „In den ersten neun Monaten dieses Jahres starben in NRW 339 Menschen, 65 weniger als im gleichen Zeitraum im Vorjahr“, sagt er. Damit setze sich der Trend der vergangenen Jahre fort. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, befindet Jäger.
Immerhin haben die übrigen Bundesländer nun die Idee der Kontroll-Aktion übernommen. Auch in anderen Ländern, wie Finnland, Polen, den Niederlanden und Australien hat man die Idee aufgegriffen. Peter Meyer, Präsident des Automobilclubs, sieht den Blitz-Marathon ebenfalls positiv. Er sei „eine Chance, das Bewusstsein von Auto- und Motorradfahrern zu ändern“, stimmte er in Grevenbroich dem Innenminister zu.
Meyer nutzte die Gelegenheit aber auch für Kritik an den Kommunen: Deren Kontrollen, beispielsweise an Ortsausgängen, seien häufig „Abzockerei“ und helfen „niemandem, außer der Stadtkasse“. Außerdem sprach Meyer sich dafür aus, Blitzwarner auf Handys und Navigationsgeräten zuzulassen. Jedes Mal, wenn der Fahrer eine Warnung erhalte, achte er schließlich — ganz, wie beim Blitz-Marathon — auf seine Geschwindigkeit. Und das sei in jedem Fall „positiv“.