Wo geht's lang? - Viele Schilder sind schwer verständlich
Bonn/Hagen (dpa/tmn) - Zu viele Informationen, zu viel Schrift: Temporäre Verkehrsschilder können Autofahrer ganz schön verwirren. Experten raten, mehr Bilder statt Text zu benutzen. Das macht es leichter fürs Gehirn.
Ob Baustelle oder Stadtmarathon, Papst-Besuch, Hochwasser oder Bombenfund: Tausende Verkehrsumleitungen sorgen jedes Jahr auf deutschen Straßen für unzählige Verkehrsschilder, die nur vorübergehend aufgestellt werden. Experten bemängeln, dass die Zeichen mit zu vielen Informationen vollgepackt sind.
Niemand kann mehr als drei Informationen auf einmal aufnehmen - so laute eine Grundregel beim Autofahren, sagt Detlev Lipphard vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) in Bonn. „Und trotzdem wird zu viel auf die Schilder gepackt.“ Dagegen seien Autofahrer auch mit Navi nicht gewappnet; viele fahren sowieso ohne. Und nicht auf allen Geräten sind aktuelle Informationen erhältlich. „Tagesbaustellen, Sperrungen nur für einige wenige Stunden - das gibt es ja alles.“
Der Industrieverband Straßenausstattung (IVSt) mit Sitz in Hagen sieht bei den sogenannten temporären Schildern Handlungsbedarf. Oft sei die Schrift zu klein und der Text zu umfangreich. Die Buchstaben stehen dicht nebeneinander und sind damit wenig lesbar.
„Das ist ein Problem“, sagt Thomas Muth, Leiter der Abteilung Verkehrssicherung beim IVSt. „Autofahrer haben ja nur zwei bis drei Sekunden, um den Inhalt des Schildes zu verstehen. Und größere Schilder sind wenig sinnvoll, denn dann müssten Autofahrer ja noch mehr lesen.“ Umleitungen oder leicht geänderte Streckenführungen sollten besser auf mehreren Schildern dargestellt werden. Und auf jedem einzelnen sollten weniger Informationen stehen.
Selbst wer mit üblichen 120 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn fährt, begreife die Schilder oft nicht so schnell, sagt auch Werner Sporleder, Vorstand des Unternehmens B.A.S. Verkehrstechnik in Hemmingen in Niedersachsen. Er rät ebenfalls dazu, weniger Informationen auf ein Schild zu packen. Auf dem ersten Schild könne zum Beispiel eine Sperrung angekündigt werden, und erst auf dem zweiten wird Autofahrern der genaue Zeitraum übermittelt.
Lipphard nennt ein anderes Beispiel: „Man könnte zum Beispiel auf einem Schild nur die Information unterbringen: „Achtung, veränderte Verkehrsführung“, möglicherweise samt einer Tempobeschränkung.“ Erst auf dem zweiten Schild sollten dann die Details wie eine veränderte Streckenführung platziert sein.
Nicht bei allen Verkehrsschildern sei die Verständlichkeit schlecht. Bei den ständigen Schildern - „Vorfahrt achten“ oder „Stopp“ - gebe es diese Probleme nicht, erläutert Muth. Sie sind standardisiert und überall gleich. Anders bei den Kurzzeit-Schildern: Hier kann jede Kommune - namentlich die Verkehrsbehörde - für sich entscheiden, wie sie die Beschilderung einer abweichenden Streckenführung ausweist. Sie erteilt dem entsprechenden Schilderunternehmen den Auftrag.
Der IVSt macht sich daher aktuell mit einer Kampagne dafür stark, dass die Schilder verständlicher werden, sagt Muth: „Wir werben bei Behördenvertretern darum, dass unsere Empfehlungen Beachtung finden.“
Alle Experten raten dazu, dass eher Symbole statt Text zum Einsatz kommen. Sogenannte Piktogramme - Pfeile oder kleinere Bilder - werden vom menschlichen Gehirn schneller verarbeitet als Schrift. Der Autofahrer kann den Blick also wieder schneller auf den Verkehr lenken. Auch diese Symbole sollten aber leicht zu erfassen sein.
Sporleder weist darauf hin, dass mit steigendem Warenverkehr auch immer mehr ausländische Lastwagenfahrer auf deutschen Straßen unterwegs seien. „Viele der Fahrer verstehen kein Deutsch. Deshalb sind Bilder der bessere Weg.“
Wenn Schrift unausweichlich ist, sollten pro Schild maximal vier Zeilen Text verwendet werden. Die Schrift sollte 140 Millimeter nicht unterschreiten. Es sei wünschenswert, dass die Verkehrsbehörden den Herstellern und Aufstellern bessere Vorgaben für die Schilder machen, sagt Muth. „Aber vor allem kleine Kommunen sind schlecht ausgestattet.“