Abschlusskonzert des Orgelsommers Leichlingens Orgelsommer endet mit einer Zeitreise.

Leichlingen. · Die Stücke aus dem Jahr 1979 zollten der Schuke-Orgel ihren Tribut.

Kantor Carsten Ehret reiste mit den Stücken von 1979 in die Zeit, in der die Orgel der evangelischen Kirche entstand.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Zum Abschluss des diesjährigen Leichlinger Orgelsommers, in dem mit einem bunten Programm der 40. Geburtstag des Schuke-Instruments in der evangelischen Kirche gefeiert wurde, stellte sich Kantor Carsten Ehret eine Frage: Wie klingt eigentlich Musik, die dasselbe Baujahr wie die Orgel hat? Von sehr vielen möglichen Antworten hat er für sein Programm am vergangenen Freitag exemplarisch drei ausgewählt, jeweils eine 1979er-Komposition aus Deutschland, den USA und Frankreich. Und damit deutete er die Riesenspanne an, denn da gab es wenig Gemeinsames, außer dem Bruch mit Traditionen und alten Tonsatz-Regeln.

Am weitesten von den gängigen europäischen Hörgewohnheiten entfernt hatte sich offenbar der US-amerikanische Kandidat, dessen Stück im Zentrum des Programms wohl auch das interessanteste war. „Mad rush“ hat Philip Glass, der 1937 geborene Vertreter der Minimal Music, im Jahr 1979 geschrieben, nachdem er sich bereits ausgiebig in asiatische und insbesondere indische Musik vertieft hatte.

Ein solches Vertiefen ermöglichte Ehret auch den Hörern des 15-Minuten-Werkes, in dem trotz durchgehender flirrender Bewegung eigentlich nichts geschieht. Diese Musik der winzigsten Bewegung, die vom Organisten cooles Gleichmaß verlangt, schaltet die innere Unruhe zunehmend ab, so dass schließlich kleinste Wechsel der Motorik als Riesenaktion wirken. Am Ende blieben die Zuhörer benommen zurück, als dieser längste Beitrag des sehr abwechslungsreichen Programms ohne Vorahnung stoppte. Carsten Ehret fing das Publikum sofort mit wohliger Romantik und feiner Melodik auf. Ehret hatte zuvor mit einem „Prelude“ die vornehme Zurückhaltung des Komponisten Horatio Parker vorgeführt.

Schlussstück des Orgelsommers kommt aus Frankreich

Vor diesem Konzert hat sich der Kantor besonders viel Zeit für eine Einführung genommen. Zum Glück, denn sonst hätte ein Großteil der Besucher in der vollen Kirche die „Toccata senza Fuga“, die Hans Werner Henze 1979 geschrieben hat, kaum so gut rezipieren können. Doch mit dem Wissen um den Ursprung als Ballettmusik zur tragischen Geschichte von Orpheus und Eurydike entstanden zur modernen, teils schrägen Klangsprache im Kopf die entsprechenden Bilder vom Leid in der Unterwelt und der brutalen Macht des Hades.

Auch dem deutschen Beitrag von vor 40 Jahren gab Ehret ein historisches Pendant. Zart, vital und transparent spielte er die Triosonate e-moll von Johann Sebastian Bach. Aus der französischen Orgelliteratur wählte Carsten Ehret ein betont ruhiges Stück in schwebender Harmonik, das Eugène Reuchsel 1979 als Hommage an Louis Vierne geschrieben hat. Der Organist setzte beide in unmittelbare Beziehung, indem er das neuere Werk mit dem quirlig-verwegenen Scherzo und dem großen Finalsatz von Viernes Symphonie Nr. 6 einrahmte.

Damit setzte Carsten Ehret einen großen Schlusspunkt hinter den diesjährigen Orgelsommer. In 2020 wird die Tradition fortgesetzt, die Planungen dazu haben bereits begonnen.