3D-Drucker zwischen Spaß und Geschäftsmodell

New York/Hannover (dpa) - Dreidimensionales Drucken ist inzwischen auch für private Nutzer erschwinglich, Modelle werden auch auf der CeBIT vorgeführt. Vorreiter der Bewegung sehen eine neue industrielle Revolution heraufziehen.

Doch bis dahin wird es noch etwas dauern.

Zwischen Häusern, Raketen, Herzen, Hubschraubern und Astronauten aus buntem Plastik steht Bre Pettis und schaut wie verliebt auf einen schwarzen Kasten. „Damit“, sagt er, „führen wir die nächste industrielle Revolution an.“ Der mikrowellengroße Kasten ist ein Drucker. Hinten läuft Plastik aus einer Spule ein, wird erhitzt und innen drin Schicht für Schicht zu Objekten aufgebaut. „Es ist eine Maschine und gleichzeitig eine Fabrik. Jeder kann jetzt eine Idee haben, das Design entwerfen und das Produkt dann machen - alles zu Hause auf dem Schreibtisch“, sagt Pettis. „Du brauchst einen Flaschenöffner? Druck dir einen aus.“

Auch auf der Computermesse CeBIT in Hannover (5. bis 9. März) finden sich 3D-Drucker von MakerBot oder der deutschen Firma Fabbster. Pettis' Erfindung ist sein ganzer Stolz. Spielsachen, Ersatzteile für Kaffeemaschinen, sogar Prothesen seien damit schon hergestellt worden, sagt der charismatische Firmenchef mit der auffälligen grauen Haartolle und der schwarzen Brille. Um sein Handgelenk baumelt ein neongrünes Armband - natürlich mit einem „MakerBot“ gedruckt.

Der Autohersteller Ford und der US-Konzern General Electric hätten die schwarzen Kästen bereits massenweise für ihre Designer bestellt, sagt Pettis. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa habe auf dem „MakerBot“ einen Prototypen für den Hitzeschutz des Marsrovers „Curiosity“ ausgedruckt. 2200 Dollar (in Deutschland knapp 2250 Euro) kostet die Standardvariante des 3D-Druckers, dazu kommen etwa 50 Dollar pro bunter Plastikspule. 15 000 Geräte habe sein 2009 gegründetes Unternehmen schon unter die Leute gebracht, sagt Pettis. Den Marktanteil seiner im New Yorker Stadtteil Brooklyn ansässigen Firma mit rund 165 Mitarbeitern schätzt er auf knapp 25 Prozent.

Pettis und andere Vorreiter der Bewegung sagen den Mikrowellen-großen Geräten eine große Zukunft voraus. Der amerikanische Journalist Chris Anderson verfasste mit seinem Buch „Makers“ eine überschwängliche Lobeshymne auf die Technik. „Wir erleben heute den Aufstieg einer neuen Heimindustrie“, schreibt Anderson darin, die „das Ende für das Industriemodell bedeuten“ könnte. Produktionswerkzeuge würden immer günstiger, Anleitungen gibt es zuhauf kostenlos im Internet. Jeder kann zum „Maker“ werden, auf Deutsch würde man wahrscheinlich einfach „Heimwerker“ sagen. „Ich glaube an diese Zukunft“, schreibt Anderson, der inzwischen selbst unter die „Maker“ gegangen ist.

„Ich sehe das nicht ganz so überschwänglich“, sagt dagegen Gerd Witt, der an der Universität Duisburg-Essen den Lehrstuhl Fertigungstechnik leitet. Er beschäftigt sich seit 1998 mit dem Thema, denn in der Industrie wird dreidimensionaler Druck schon lange eingesetzt, etwa um neue Teile zu testen. Solche Anlagen sind um ein Vielfaches teurer als die neuen Konsumentengeräte. Damit könnten vor allem individuelle Einzelstücke hergestellt werden, sagt Witt, etwa bunte Handyhüllen oder Spielzeugfiguren.

Das hat auch Bram de Vries festgestellt. Der 33-Jährige bringt anderen bei, wie sie mit den Druckern umgehen und eigene Entwürfe produzieren können. An einem verregneten Sonntag haben sich dafür eine Handvoll Leute im Berliner „Betahaus“ eingefunden, einem Treffpunkt für Internetunternehmen und Digital Natives. Sie beobachten, wie de Vries' Drucker eine bunte Plastikschnur einzieht und laut surrend Schicht für Schicht auf eine Glasplatte druckt. Bisher erstellten die meisten Spielzeugfiguren, Gadgets oder Künstlerisches. „Leute machen es, weil es Spaß macht. Es sind sehr wenige nützliche Produkte.“ Das mag auch daran liegen, dass Bastler je nach Projekt weitgehende Softwarekenntnisse benötigen.

„Klar gibt es große Träume, wie das die ganze Welt ändern kann, aber die sind noch ziemlich weit weg“, sagt de Vries. Ihm schwebt vor, dass Menschen irgendwann einen kaputten Herdknopf passgenau nachdrucken können. Professor Witt räumt der Technik Chancen auf weite Verbreitung ein: In fünf Jahren könnten ein Drittel der Haushalte ein solches Gerät besitzen. Das wirft auch rechtliche Fragen auf, zum Beispiel zur Urheberschaft ausgedruckter Vorlagen. „Das ist zur Zeit eine Grauzone“, sagt Professor Witt.