Facebook kapert Android-Smartphones
Menlo Park (dpa) - Das Android-Smartphone wird zum Facebook-Handy: Eine Zusatz-Software ersetzt den bisherigen Startbildschirm und liefert dem Nutzer auf den ersten Blick Neuigkeiten aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis.
Bei jedem Zücken des Smartphones laufen Fotos und Statusmeldungen in einer bildschirmfüllenden Diashow ab. Zugleich kann der Nutzer ohne den bisherigen Umweg über eine extra App seine eigenen Mitteilungen absetzen.
Gründer Mark Zuckerberg stellte am späten Donnerstag die Android-Erweiterung namens „Facebook Home“ vor. „Wir denken, dass es die bisher beste Version von Facebook ist“, sagte Zuckerberg.
Es soll der Anfang einer ganzen Bewegung sein: Gerätehersteller werden eingeladen, die Software bereits ab Werk zu installieren. Als erstes Smartphone dieser Art wurde das neue HTC First vorgestellt. Es dürfte noch im April auch in Deutschland verfügbar sein.
Datenschützer und Kenner der Szene warnen davor, dass Facebook seine Mitglieder nun rund um die Uhr und auf Schritt und Tritt überwachen könne - wo immer das Smartphone dabei sei.
Das Soziale Netzwerk sei bekannt dafür, locker mit dem Thema Datenschutz umzugehen, schrieb der prominente Technologie-Blogger Om Malik. Und „Facebook Home“ sei so tief im Android-Betriebssystem verankert, dass man es kaum abschalten könne.
„Facebook Home“ wird in den USA vom 12. April an verfügbar sein, kurz darauf auch weltweit. Die Software kann außer auf dem neuen HTC First zunächst auf folgenden Geräten genutzt werden: dem Samsung Galaxy S3, S4 und Note II sowie dem HTC One, One X und One X+. Mit einer monatlichen Aktualisierung sollen weitere Smartphones und auch Tablet-Computer hinzukommen, sagte der zuständige Chefentwickler Cory Ondrejka der Nachrichtenagentur dpa.
Facebook hat mehr als eine Milliarde Mitglieder, der größte Teil von ihnen greift mittlerweile auch vom Smartphone aus auf den Dienst zu, manche sogar ausschließlich. Das Online-Netzwerk richtet sein Geschäft entsprechend stärker auf die mobilen Geräte aus. Dabei geht es letztlich ums Geld: Facebook finanziert sich größtenteils über gekaufte Anzeigen. Zu Beginn werde bei Facebook Home zwar keine Werbung in den Nachrichtenstrom der Nutzer eingeblendet, sagte Ondrejka. „Mit der Zeit“ werde sich das aber ändern.
Damit steht Facebook in direkter Konkurrenz zum Android-Entwickler Google. Der Internetkonzern verschenkt das Betriebssystem an die Smartphone-Hersteller, dafür konnte er bislang sicher sein, über Werbeeinblendungen bei seinen Anwendungen Kasse zu machen. Je mehr Zeit die Nutzer aber in der Facebook-Umgebung verbringen, desto weniger bleibt für Google übrig. So stieg dann auch vorbörslich in New York die Facebook-Aktie, während das Google-Papier fiel.
„Facebook Home“ ist omnipräsent und das nicht nur auf dem Startbildschirm, dem sogenannten „Cover Feed“. Hinweise auf Nachrichten oder Internet-Anrufe aus dem Facebook-Messagingdienst tauchen selbst dann am Bildschirmrand auf, wenn der Nutzer sich gerade in einer vollkommen anderen App bewegt. Man sieht dann ein kreisrundes Foto des Gesprächspartners und kann durch Antippen eine Unterhaltung starten oder fortsetzen. Diese Funktion nennt Facebook „Chat Heads“.
Zuckerberg rechnet damit, dass Google den tiefen Eingriff in das Android-System zulassen wird. Google bekräftigte in einer ersten Reaktion die offene Natur des Smartphone-Betriebssystems. „Die Android-Plattform hat die Entwicklung von hunderten verschiedenen Endgeräten in Gang gesetzt. Das jüngst präsentierte stellt die Offenheit und Anpassungsmöglichkeit unter Beweis, die Android derart populär gemacht haben“, erklärte ein Sprecher.
Nutzer von Apples iPhone werden dagegen erst einmal auf „Facebook Home“ verzichten müssen. „Der einzige Weg, wie man einen Dienst tiefgreifend auf iPhone und iPad integrieren kann, ist, mit Apple zusammenzuarbeiten und das Betriebssystem zu verändern“, erklärte Chefentwickler Ondrejka. Ob es dazu Kontakte zwischen Facebook und Apple gibt, sagte er nicht.