Ausstellungen zum Thema "Schrift": Prosit dem Buchstaben-Bräu

Gleich zwei Ausstellungen in Dortmund und Unna widmen sich dem Thema Schrift — beide laufen in ehemaligen Brauereien.

Dortmund/Unna. Buchstaben sind ein Ordnungssystem. Sie helfen, die Welt zu verstehen und miteinander zu kommunizieren. Zu viel von ihnen aber, oder unterschiedliche Codes, haben genau das Gegenteil zur Folge. Das war bei der babylonischen Sprachverwirrung so und ist im modernen Medienzeitalter nicht anders. Klar beschäftigt das auch die Künstler. Gleich zwei Ausstellungen widmen sich in der Region derzeit dem Thema Schrift. Im Dortmunder U sind „Moving Types - Lettern in Bewegung“ zu sehen, während das Zentrum für internationale Lichtkunst Unna zur Erkenntnis „Words Don’t Come Easily“ kommt. Dass es sich bei beiden Häusern dabei um ehemalige Brauereien handelt, die jetzt Buchstabensuppe kochen, bleibt nur eine nette Randbemerkung.

Sehr atmosphärisch geht das Lichtkunstzentrum an die Sache heran. Vier zusätzliche Räume werden im Rahmen der aktuellen Sonderausstellung in den Kellergewölben der alten Lindenbrauerei bespielt. Mal brachial, wie bei den großen, grell leuchtenden Lettern des indischen Künstlerkollektivs Raqs Media. „Revoltage“ steht dort mannshoch mit Glühbirnen geschrieben. Mal leuchtet der vordere Teil „Revolt“ auf, dann der hintere „Voltage“. Anspielung auf die arabischen Freiheitsrevolten, bei denen jede Menge Energie frei wurde.

Interaktiv wird es bei dem in Konstanz lebenden Boris Petrovsky. Aus ausrangierten Leuchtreklamen hat er im wahrsten Sinn des Wortes einen Buchstabensalat angerichtet. Der Besucher kann über einen Computer seine Botschaft oder Frage eingeben. Die blinkt kurz darauf im Gewirr der Schriftzeichen. Nicht immer erhellend. Auf die Frage, wann Weihnachten ist, antwortet die Leuchtschrift: „Weiß nicht!“

Einem ganz ähnlichen Ansatz ist die Medieninstallation im Dortmunder U verpflichtet. Mit dem Handy kann jeder seine Message senden. Die flimmert dann auf LED-Buchstaben über das Fenster. Zentrum der Schau aber ist der Raum mit mehr als 200 kleinen Würfeln, die an Drähten im Raum schweben. Die Skulptur bildet einen Kreis und somit den Topf für die Buchstabensuppe. Der Besucher bekommt ein Ipad und kann damit die Codes auf den Kuben einlesen. So stellt er sich seinen individuellen Rundgang, sein eigenes Kino zusammen.

Wer will, dem erschließt sich eine mehr als 100 Jahre umfassende Geschichte der bewegten Typographie. Vor- und Abspanne von Filmen sind zu sehen, Werbung, Stummfilme und Medienkunst. Zu entdecken ist zum Beispiel die sagenhafte „bit.fall“-Installation des in Leipzig lebenden Julius Popp, die im Sommer noch vor dem Dortmunder U gezeigt wurde. Aus heiterem Himmel fallen Worte aus Wasser zu Boden. Nur für Bruchteile von Sekunden sind sie zu entziffern und schreiben zivilisationskritische Parolen in die Luft. In der Abteilung Schrift in Musikvideos hält der junge Bob Dylan Texttafeln zum „Subterranean Homesick Blues“ vor die Kamera. Pu der Bär fällt durch sein eigenes Bilderbuch. Und Ernie und Bert singen in der Sesamstraße das Alphabet.