Donna Leon: Babyhandel in Italien
Krimi: Brunettis 16. Fall nimmt uns mit in seelische Abgründe.
Donna Leon ist eine Ausnahme-Krimiautorin - vor allem deshalb, weil sie fast ganz ohne laute, brutale Action auskommt und trotzdem stetig die Spannung zu steigern weiß. In Commissario Brunettis 16. Fall geht es um Babyhandel, an den Brunetti eher zufällig gerät. Ein hochangesehener Arzt, dessen Frau die Tochter eines führenden Parteichefs ist - man könnte ihn angesichts seiner fast rechtsradikalen Tiraden für Berlusconi halten - wird nachts von Carabinieri überfallen, zusammengeschlagen, als er sich wehrt. Und sein anderthalbjähriges Söhnchen wird entführt.
Der Fall liegt Brunetti wie ein Stein im Magen, hat er doch selber zwei Kinder, die er innig liebt. Erst allmählich kommt Brunetti dahinter, dass überdies der "Vater" des Babys keineswegs unschuldig ist und seine Frau hinter den Kulissen ein unschönes Spiel gespielt hat. Noch mulmiger wird ihm, als er mit zusehen muss, wie schreiende Ungerechtigkeit - solche Kinder nämlich den Personen, an die sie sich gewöhnt haben, zu entreißen und in Heime zu stecken - juristisch gedeckt und völlig legal ist. Man kann sich dem Bann des Romans kaum entziehen.
Donna Leon, "Lasset die Kinder zu mir kommen. Commissario Brunettis 16. Fall". Diogenes, 213 S., 21,90 Euro.