Georg Büchner-Preis für Josef Winkler

Der Österreicher ist ein extremer Poet.

Düsseldorf. Wie eine "Nachricht" entsteht und rasch wieder vergeht: In den frühen Morgenstunden des gestrigen Tages informiert die Jury der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung die Nachrichtenagenturen, dass sie den Österreicher Josef Winkler zum Georg-Büchner-Preisträger 2008 erkoren hat. Als Eil-Meldung fliegt das kurz nach 9 Uhr über den Ticker. Winklers Bücher spiegelten die "Katastrophen seiner katholischen Dorfkindheit", heißt es.

Um 10.11 Uhr ist Winkler bei dpa "selbst homosexuell". Das scheint ein Blick in das Suhrkamp-Verzeichnis seiner Werke nahe zu legen. Es begann mit der Publikation "Das Zöglingsheft des Jean Genet". Ach ja, Genet! Eine Stunde später (und noch lange) lautet die Nachricht bei Spiegel.online (also weltweit!), Winklers Themen "sind Tod, Katholizismus und Homosexualität". Man bedauert ihn.

Um 12.10 Uhr kommt diezweite Eil-Meldung bei dpa: "Achtung. Verwenden Sie die erste Meldung nicht! Der Hinweis, Winkler sei selbst homosexuell, beruht auf einer Fehlinformation." Wer aber gab sie? Und wer ist denn nun Josef Winkler?

Ein Poet. Es stimmt, dass er geschädigt ist vom Katholizismus, denn der hat nicht nur in den Alpendörfern Kinder geängstigt. Er fühlt sich "beschädigt bis ans Lebensende". Doch nach der Arbeit in Stall, Molkerei und Abendstudium gelingt ihm der Erfolg: Für Auszüge aus "Menschenkind" gewinnt er 1979 den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb.

Dennoch, eine Auflage von 30000 Exemplaren hat nur "Natura Morta" (2001) erlebt; es blieb bisher seine höchste. "Meine Sprache ist zu kompliziert für ein Massenpublikum", sagt er. Doch die Jury attestiert ihm "eine barock-expressive Sprache", die "zugleich das produktive Element einer Hassliebe" bilde, "in der Blasphemie und Frömmigkeit, Todessehnsucht und Todesangst sich zu einem Abgesang auf eine untergehende Welt vereinen."

Winklers literarische Kategorien sind Form, Stil und vor allem Klang. Er ist ein extrem musikalischer Poet, "Roppongi", sein letzter Roman, habe er nach der Beendung noch neunmal "nur auf den Klang hin" gelesen. "Mir ist wichtig, dass die Sätze singen. Sie sind erst fertig, wenn sie singen und einen schönen Klang haben."