Komödie: Suche nach einem Zuhause

Mit „Soul Kitchen“ gelingt Fatih Akin ein moderner Heimatfilm ohne Gefühlsduselei. Lediglich gegen Ende regiert typisch deutscher Slapstick.

Heimat, das hat schon lange nichts mehr mit Bergmassiven und Tannenwipfeln zu tun. Streng genommen hatte es das noch nie, zumindest nicht ausschließlich, denn der Kumpel in Wanne-Eickel hat sich wohl kaum eine Lederhose angezogen, wenn er sich mal heimisch fühlen wollte. Noch nicht mal in den verklemmten Fünfzigern.

Es ist also Zeit, das Verständnis von Heimat zu entstauben und das korrespondierende Genre, den Heimatfilm, neu zu definieren.

So zumindest dachte sich das Fatih Akin, als er mit seiner Arbeit an "Soul Kitchen" begann - einem Film, in dem die Hauptfiguren, ein verkrachter Kneipenwirt und ein naiver Kleinkrimineller, mal mehr, mal weniger verzweifelt nach dem Gefühl suchen, zu Hause zu sein. Nicht am Tegernsee, sondern im Hamburger Arbeiterviertel Wilhelmsburg.

Der Moment, in dem Zino (Adam Bousdoukos, "Kurz und schmerzlos") sich zum ersten Mal fragt, was er eigentlich vom Leben erwartet, tritt ein, als seine Freundin ihm eröffnet, sie müsse zwecks Karriereoptimierung für ein paar Monate nach Shanghai gehen. Eigentlich würde Zino sie gerne begleiten, denn er liebt sie abgöttisch, auch wenn er als Gastarbeiterspross ihren Eltern, wohlsituierten Bildungsbürgern, ein Dorn im Auge ist.

Da er allerdings im Industriebrachland eine Fabrikbaracke zur Kneipe umfunktioniert hat und die Finanzen momentan eher klamm aussehen, bleibt Zino erstmal in Hamburg und versucht, Geld für einen Trip nach Asien zusammenzusparen.

Als es ihm mit Shayn (Birol Ünel), einem geschassten Gourmet-Koch mit Star-Allüren, gelingt, die "Soul Kitchen" zu einem In-Spot aufzumöbeln, liegt das Ziel greifbar nahe - wäre da nicht Illias (Moritz Bleibtreu), sein inhaftierter Bruder, der für seine Freigänge eine Arbeitsbestätigung braucht und sich von Zino bescheinigen lässt, bei ihm zu kellnern, nur um mit seiner Gang um die Häuser ziehen zu können.

Fatih Akin gelingt mit "Soul Kitchen" ein ungemein sympathischer Blick auf das Leben einer Generation, die sich ihre persönliche Gemütlichkeit im Charme des Unfertigen sucht, sei es als oberflächliche Szene-Attitüde oder tatsächlich als ernstgemeinter Lebensentwurf.

Familie hat für Zino und Illias zwar eine Bedeutung, noch wichtiger sind ihnen allerdings die zahllosen Wahlverwandtschaften, die sie im Mikrokosmos ihrer Kneipe schließen. Frei nach dem Motto: Nie ankommen, immer auf der Suche bleiben, denn das noch größere Glück könnte bereits morgen auf dich warten.

Bei aller Authentizität in seiner Kiezschilderung verliert Akin gegen Ende leider den eigentlichen Fokus aus den Augen, gönnt sich ein paar anstrengende Slapstickeinlagen und seinen Figuren ein wohltuendes, aber etwas erzwungenes Happy-End. Wahrscheinlich startet der Film deswegen auch zu Weihnachten.