Palermo Shooting: Poesie kann anstrengend sein
Wim Wenders „Palermo Shooting“ erzählt ohne Zwischentöne und Ironie von einem Mann in der Krise, den Campino spielt.
Düsseldorf. "Wenn jeder Schlaf ein kleiner Tod wär’" - dann wäre Finn (Campino) wohl schon längst hinüber. Denn er schläft immer und überall, an den unmöglichsten Orten, nur nicht nachts im Bett. Das nächtliche Düsseldorf und den glitzernd dahin fließenden Rhein beobachtet er aus seinem Luxusappartement und sinniert über das Leben, das ihm nichts mehr gibt.
Mit einem Künstler in der (Midlife-)Krise beschäftigt sich Wim Wenders in seinem neuen Film "Palermo Shooting", und es lässt sich nur spekulieren, wie viel von ihm selbst in diesem Fotografen Finn steckt. Er selbst nennt ihn seinen "persönlichsten Film" seit langem und hat ihn zu großen Teilen in seiner Heimatstadt Düsseldorf gedreht.
Dass er ausgerechnet den Sänger der Toten Hosen, Campino, für die Hauptrolle besetzte, löste im Vorfeld des Drehs einige Verwunderung aus. Doch Campino schlägt sich wacker. Auch wenn er nicht wie ein Schauspieler spricht, sieht man ihm gerne zu, denn er entwickelt mit seiner ausdrucksstarken Mimik durchaus Präsenz auf der Leinwand.
Als Finn hetzt er von Foto-shooting zu Fotoshooting, flitzt mit seinem Sportwagen über die Rheinbrücken, um dann wieder an der Kunstakademie undankbare Studenten zu unterrichten. Eines nachts kommt es zum Wendepunkt in seinem Leben. Bei einem Beinaheunfall fotografiert er zufällig einen Mann (einen sehr weiß geschminkten Dennis Hopper), der ihn fortan nicht nur in seinen Träumen verfolgt. Nun muss sich etwas ändern. Er reist nach Palermo, eigentlich wegen eines Fotoshootings, aber in erster Linie, um von allem weg zu kommen. Ein toller Soundtrack mit Musik von Lou Reed (der auch eine kleine Rolle spielt) über Nick Cave bis Etta Scollo begleitet den Sinnsucher dabei.
Bis zu diesem Punkt kann man Wenders noch gut folgen, auch wenn die inneren pseudophilosophischen Monologe der Hauptfigur und die surrealen Traumsequenzen schon etwas aufgesetzt wirken. Doch dann kommt es ganz dick. In Palermo wird er von Pfeilen bedroht, die der weiße Mann - man ahnt es nun schon, es ist der Tod - auf ihn abfeuert, die ihn aber komischerweise nicht verwunden.
Das Aufeinandertreffen der beiden wird zum peinlichen Höhepunkt, bei dem man sich vor Scham im Kinosessel windet. Tod: "Ich bin nur Dienstleister. (...) Ich bin es leid, immer den Bösen zu spielen, ich bin doch nur der Ausgang, die Verbindungstür" und so weiter.
Vieles wirkt unfreiwillig komisch, kitschig, banal und naiv. Dabei hätte der Film durchaus schöne Momente zu bieten: die Liebe zu Restauratorin Flavia (Giovanna Mezzogiorno), die Auseinandersetzung mit einem Fresko, das morgendliche Treffen mit dem Aushilfsschäfer (Udo Samel) auf den Oberkasseler Rheinwiesen oder einfach nur der Himmel über Düsseldorf - wunderschön von Kameramann Franz Lustig fotografiert.
Liebe und Tod, Erlösung, Sühne, Rache und Vergebung: nichts weniger will Wenders abhandeln und treibt die Themen wie mit dem Holzhammer in seinen Film, ohne Zwischentöne, ohne subtile Anspielungen, ohne jegliche Ironie. Sein "Palermo Shooting" besitzt keinerlei Geheimnis, nur überaus angestrengte Poesie.