Psycho-Thriller: Spannender Wettlauf gegen die Zeit

„Die Unbekannte“ führt ins Labyrinth des Kinderhandels.

Düsseldorf. Mit einem gezielten Griff zieht die osteuropäische Immigrantin (Xenia Rappoport) einer älteren Haushälterin (Piera Degli Esposti) im Kino unbemerkt die Wohnungsschlüssel aus ihrer Handtasche. In Windeseile stürmt sie in eine Eisenwarenhandlung, um heimlich ein Duplikat davon anfertigen zu lassen. Damit beginnt ein nervenaufreibender Wettlauf mit der Zeit, gespickt mit immer neuen Hindernissen.

In seinem spannungsgeladenen Psycho-Thriller "Die Unbekannte" schildert der Oscar-gekrönte Regisseur und Autor Giuseppe Tornatore ("Cinema Paradiso", "Malèna"), wie eine geheimnisvolle Frau sich als Kindermädchen in den Haushalt eines reichen italienischen Ehepaares (Claudia Gerini, Pierfrancesco Favino) einschleicht, das sein Kind im Baby-Alter von einem Menschenhändler erworben hat.

Die Inspiration zu dieser ungewöhnlichen Geschichte lieferte Tornatore eine Meldung in der Zeitung über eine Frau aus Süditalien, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Babys an andere Paare verkauft hat. So stellte er Recherchen an, um mehr über die Mechanismen des Kinderhandels zu erfahren.

Für ihre überzeugende Titelrolle in "Die Unbekannte" erhielt die russische Film- und Theaterschauspielerin Rappoport im letzten Jahr den italienischen Filmpreis als beste Hauptdarstellerin sowie eine Nominierung für den Europäischen Filmpreis. "Das schwierigste an diesem Part war, die ganze Zerrissenheit ihres Charakters zu zeigen", sagte Tornatore, "denn am Anfang des Films weiß der Zuschauer nicht, ob sie ein guter oder ein schlechter Mensch ist. Das klärt sich erst im weiteren Verlauf des Films auf". In Flashback-artigen Rückblenden gibt der Filmemacher bruchstückhaft Aufschluss über ihr bisheriges Leben.

Trotz aller Versuche, ihre dunkle Vergangenheit hinter sich zu lassen, wird die Protagonistin immer wieder von ihrem alten Leben eingeholt. Wie in einem Labyrinth irrt sie hektisch hin und her, ohne einen Ausweg zu finden, was Tornatore noch durch die schrill-hämmernde Filmmusik von Ennio Morricone unterstreicht. Mit immer wiederkehrenden Wendeltreppen-Motiven knüpft er dabei stilistisch an Alfred Hitchcocks Meisterwerk "Vertigo" an.

Mit "Die Unbekannte" präsentiert Tornatore einen beeindruckenden Thriller, der tief unter die Haut geht. Durch seinen geschickten Inszenierungsaufbau sorgt er nicht nur für eine prickelnde Spannung, sondern überrascht den Zuschauer bis zum Ende immer wieder mit unerwarteten Wendungen.