Thriller: Lust an der Apokalypse
Zwischen Paranoia und Öko-Kitsch: In „Knowing“ besitzt Nicolas Cage das Wissen über Katastrophen.
Düsseldorf. Mit Zahlen kennt Astrophysiker John Koestler (Nicolas Cage) sich aus. Nächtelang kann er sich mit Ziffernkolonnen beschäftigen, vor allem nach dem Tod seiner Frau flüchtete er sich regelrecht in die Arbeit aus Gleichungen und Unbekannten. Auch der Zettel, den sein Sohn Caleb (Chandler Canterbury) aus der Schule mit nach Hause gebracht hat, lässt ihn nicht mehr los.
Scheinbar zusammenhanglos sind darauf etliche Zahlen verzeichnet, 1959 aufgeschrieben von einer Drittklässlerin, die einst auf die gleiche Grundschule wie Caleb heute ging. Ihr Dokument landete in einer Zeitkapsel, gemeinsam mit anderen Zeichnungen, auf denen die Schüler ihre Vision von der Zukunft in 50 Jahren festhalten sollten.
Nach zwei schlaflosen, alkoholtrunkenen Nächten fallen Koestler erste Zusammenhänge auf. Nach und nach dechiffriert er die Ziffernreihen als Daten, an denen in den vergangenen 50 Jahren verheerende Katastrophen stattfanden, inklusive der exakten Opferzahl und der Ortsangabe mittels Längen- und Breitengraden.
Tschernobyl ist dabei, der elfte September, New Orleans, eben all die Geschehnisse, die weltweit Schlagzeilen machten. Drei der unheilvollen Termine stehen noch aus. Nur kann Koestler niemanden von seiner Theorie überzeugen. Auch nicht, nachdem er ein Metro-Unglück in Manhattan haarklein vorhersagen konnte.
Diese Ausgangsstory, mit der Regisseur Alex Proyas ("I Robot", "Dark City") den Zuschauer auf eine unbequeme Achterbahnfahrt zwischen Paranoia und voyeuristischer Lust an der Apokalypse schickt, bleibt zunächst ein stimmig gefilmter Katastrophen-Plot.
Nach und nach allerdings driftet die Handlung immer mehr ins Unüberschaubare ab, bringt Aliens ins Spiel, den Tag des jüngsten Gerichts, mischt religiöse Ewigkeitsdogmen mit weltlicher Vergänglichkeitsfurcht, bis am Ende nur noch ein breiiger, ziemlich bitterer Öko-Kitsch aus der Leinwand hervorquillt.
Immerhin rein tricktechnisch bleibt Proyas, einer der wenigen analytischen Action-Filmer des modernen Hollywoods, sich treu. Er erschafft unheilvolle Szenarien, in denen Flugzeuge abstürzen, U-Bahnen entgleisen und ganze Städte verglühen, arbeitet mit schnellen Schnitten und ruppiger Kamera und behält dabei stets den Überblick über das Geschehen.
Trotz aller optischen Raffinesse trägt dieses Effektgewitter nicht durch die löchrige Handlung, deren eigentlicher Ärger ist, dass sie vorgibt, den Weltenlauf auf philosophisch höchster Ebene abzuhandeln, sich aber letztlich nur an etwas wirren Mystery-Motiven abarbeitet.