Veränderte Perspektive Fotoausstellung im K 21: Klischees und Alltag in Afrika

DÜSSELDORF · 500 Fotografien aus mehr als 100 Jahren sind im K 21 in Düsseldorf zu sehen.

 Fotografien aus The Walther Collection #1 # 7: Nontsikelelo (Lolo) Veleko, Nonkululeko, 2003 und Lebohang Kganye, Setupung sa Kwana Hae II, 2013

Fotografien aus The Walther Collection #1 # 7: Nontsikelelo (Lolo) Veleko, Nonkululeko, 2003 und Lebohang Kganye, Setupung sa Kwana Hae II, 2013

Foto: Afirkak/Afrika

Den Blick erweitern – von der klassischen Moderne Europas hin zu Afrika und Asien. Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen verfolgt dieses Ziel seit geraumer Zeit. Vor drei Wochen erst eröffnete das K 20 erstmals eine Schau der brasilianischen Künstlerin Lygia Pape und wagt jetzt den Schritt nach Afrika und Asien. Mit rund 500 Fotografien aus über 150 Jahren präsentiert sie im K 21 ein ganz anderes Afrika als das, was man heute kennt.

Einziger Leihgeber ist die Privat-Sammlung des ehemaligen Finanz-Investors Artur Walther, der sich seit knapp 30 Jahren mit historischer und zeitgenössischer Lichtbild-Kunst beschäftigt und mittlerweile 10 000 Exponate zusammengetragen hat. Eine der umfassendsten Foto-Kollektionen weltweit. Heute zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Fotografie den 73-jährigen Artur Walther mit dem Kulturpreis 2021 aus. Kein Zufall ist der Ort: das K 21 in  Düsseldorf – die Stadt, die sich gerne mit dem Attribut Fotostadt ziert.

Perspektiven vor, während und nach der Kolonialzeit

In der vom K 21 (gemeinsam mit Walther) kuratierten Ausstellung „Dialoge im Wandel“ wird deutlich, wie sehr sich die Blickwinkel der Fotografen und deren Motive verändert haben – vor, während und nach der Kolonialzeit. Unter anderem werden auch Klischees der Kolonialherren vorgeführt und kontrastiert mit Alltags-Bildern. Zu sehen ab morgen in der Dependance der Kunstsammlung, K 21, im früheren Ständehaus.

Besucher sollten reichlich Zeit mitbringen, um die überwiegend chronologisch geordnete Schau in ihren vielen Facetten zu verstehen. Dringend zu empfehlen sind die Info-Blätter: Nur so lässt sich in den zehn Abteilungen die Fülle an Eindrücken und Informationen ordnen und bewältigen. Zumal für europäische Betrachter die meisten Namen der 40 Künstler verschiedener Epochen aus den verschiedenen Ländern Afrikas Neuland sein dürften.

Vertreten sind unter anderem auch Schwarz-Weiß-Fotografien von Bernd und Hilla Becher, die Walther noch persönlich kennenlernte und die einen entscheidenden Einfluss auf seine Sammlung ausübten.

Alte Fotoalben ehemaliger Kolonialherren und Angestellter von europäischen, in Angola oder Südafrika tätigen Firmen zeigen Porträts von Schwarzen mit traditionellem Kopfputz oder Szenen, in denen sie ihre Kinder in Rucksäcken durch Städte und über Felder tragen. Diese Postkarten und Privatfotos dokumentieren, wie stark von 1850 bis ins frühe 20. Jahrhundert die Stereotype über Afrika verbreitet wurden und sich ins kollektive Gedächtnis in den ehemaligen Kolonialländern einbrannten.

Im Dialog dazu stehen die zeitgenössischen Selbstporträts „African Spirits“ von Samuel Foss. Zum Beispiel Martin Luther King, Miles Davis oder Nelson Mandela – Ikonen der panafrikanischen und US-amerikanischen Befreiungs- und Bürgerrechtsbewegungen, die selbst unser heutiges Afrika-Bild noch beeinflussen.

Zu einem außergewöhnlichen ‚Dialog‘ kommt es in dem Raum „Porträt und sozialer Wandel“. Mit Abbildungen von Familien, uniformierten Offizieren, schwarzen Bühnenkünstlern, bietet Seydou Keita in seinem 1948 gegründeten Fotostudio einen Querschnitt der Gesellschaft in Bamako (Mali). Er war der Starfotograf von Mali. So galten Familien erst etwas, wenn sie von Keita fotografiert wurden. Das Foto war also Werkzeug der Repräsentation – ähnlich wie bei August Sander in seinen 60 Bildnissen aus der Weimarer Republik der 1920er Jahre, genannt „Antlitz der Zeit“. Da posiert ein Corpsstudent vor Sanders Kamera in betresster Uniform, selbstbewusste Ingenieure, Firmenbosse und ihre Familien oder ein „Handlanger“ mit einer Fuhre Steine auf den Schultern. Thematisch auf den Punkt gelingt die Konfrontation von schwarzen Arbeitern und Mittelstandsfamilien von 1890 bis 1950 von Santu Mofokeng und dem lange Zeit gültigen Kolonialblick. In einer Diashow ziehen zig Porträts der schwarzen Bevölkerung von Mofokeng vorüber. Sie alle strahlen den Wunsch nach Anerkennung aus. Dagegen zeugen die Bildbände des Ethnologen Alfred Martin Duggan-Cronins – streng nach ethnischen Gruppen geordnet – von dem kolonialrassistischen Blick eines Forschers. Seine elf Bildbände „The Bantu-Tribes of South Africa“ entstanden in der Zeit zwischen 1928 und 1954 und legen Zeugnis davon ab, dass selbst noch nach dem Zweiten Weltkrieg (und lange danach) Rassismus in Europa salonfähig war.

Zu sehen im K 21, Ständehausstraße 1. bis 25. September 22. Telefon: 0211/ 8381204