Kultur Jaana Caspary stellt im Wuppertaler Skulpturenpark aus (mit Video)

Wuppertal · Sie war die Assistentin von Tony Cragg. Heute geht die Bildhauerin Jaana Caspary eigene künstlerische Wege. Am Samstag beginnt ihre Ausstellung im Skulpturenpark.

Innen oder außen? Die Künstlerin Jaana Caspary im Spiegel der Fensterfront des Anbaus der Villa Waldfrieden in Wuppertal.

Foto: Anna Schwartz

Tony Cragg ist stolz auf seine ehemalige Assistentin. Nicht nur, weil sie zusammengearbeitet haben. Nicht nur, weil sie ihm aufgefallen war, als sie an der Kunstakademie Düsseldorf studierte. Von 2007 bis 2014, als Cragg dort Rektor war. Mit großen, ehrgeizigen Arbeiten. Sondern auch, weil die Wuppertalerin Jaana Caspary etwas Neues, ganz Eigenes in ihrer Bildhauerei erschafft. Das auch noch wunderbar anzuschauen ist. Weshalb er ihr vier Meter hohes Werk „Upside Down“ erworben und in eine Reihe mit zwei Miró-Arbeiten in seinem Wuppertaler Skulpturenpark Waldfrieden aufgestellt hat. Am morgigen Samstag eröffnet ihre Ausstellung „ebenda“ die Ausstellungssaison im Park.

Jaana Caspary wurde 1988 in die Wuppertaler Künstlerfamilie Caspary mit einem malenden Vater Peter und einer fotografierenden Mutter Rita hineingeboren. Ihr Leben hatte von Anfang an viel mit Kunst zu tun, es galt „nur“, die passende Ausdrucksform zu finden. Im Studium wurde sie Meisterschülerin des Belgiers Didier Vermeiren, sie erhielt im Jahr 2014 den Kunstförderpreis „Junge Positionen NRW“, arbeitet seit einigen Jahren als Kuratorin in Wuppertal – in der Galerie Grölle Pass Projects und beim Skupturenprojekt Hardt. Bei dem englischen Wahl-Wuppertaler Cragg, mit dem sie von 2005 bis 2016 arbeitete, habe sie handwerklich und formal viel gelernt, sagt die heute 34-Jährige. Die Schau „ebenda“ belegt im winterlich stillen Skulpturenpark vor allem einen Anbau der Waldfrieden-Villa und die untere Ausstellungshalle. Mit kleineren, elfenbeinfarbenen Arbeiten aus Acrystal, die sie auf hohe schwarze Sockel türmt. Mit großen Arbeiten aus Stein, Kunststoff oder lackierter Bronze und vier überaus kunstfertigen, dreidimensional wirkenden Zeichnungen. Hinzu kommen ihre Bronze-Arbeit „Upside Down“ und „Swirl“, die im Park aufgestellt wurden.

Spielerischer Umgang mit vorhandenen Formen

Allen gemein ist der spielerische Umgang mit vorhandenen Formen unserer Umwelt, die sie gründlich erforscht. Fundstücke des Alltags, vom Wollknäuel, über Kuchenbackform und Pilates-Rolle bis hin zu Sitzkissen und aufgeblasenem Plastikbaum. Sie nehme die Dinge auseinander und setze sie neu wieder zusammen, sodass sie andere Gebilde ergeben, erklärt Caspary. In der Realität wie auf dem Papier, drei- oder zweidimensional. Eine intensive Auseinandersetzung mit der Form, deren Ergebnis verblüfft und fasziniert.

Bei „Upside Down“ waren es zwei Tannenbäume, silhouettenhaft gefertigt, so wie sie Kinder malen würden, erklärt Caspary. Sie verkeilte sie kopfüber ineinander, spielte mit dem Winkel, bis sich eine Form ergab, die ihr gefiel. Eine Gestalt, die oben und unten und zugleich die Ursprungsformen selbst spiegelt. Die zuerst kleine Arbeit ist heute vier Meter groß. Sie musste geteilt werden, um gegossen werden zu können. Schließlich wurde sie mit einer zart grünen Patina versehen.

Cragg freut sich, dass auch junge Frauen sich nicht scheuen, große, schwere Kunstwerke zu schaffen. Er weist auf die organische Geometrie der Skulptur hin. Die Künstlerin habe einen Kunststoffgegenstand verwendet, der der Natur verarmt nachgebildet worden sei. Sie habe ihn verändert und ihm eine neue Bedeutung, einen harmonischen Eigenwert gegeben. Dieser neue Ansatz zeichne den Kern ihrer Arbeit aus. Außerdem erinnert Cragg an die Ursprünge der Ausstellung, die im Lockdown vor zwei Jahren liegen, als er Jaana Caspary in ihrem Atelier besuchte, und sie ihn mit ihrer immensen Schaffenskraft beeindruckte.

„Swirl“ (Strudel) misst 120 mal 120 mal 120 Zentimeter und liegt vor der unteren Ausstellungshalle, als wäre die Skulptur dorthin gerollt. Sie schimmert zartrosa, hier standen wohl zwei Gugelhupfformen Pate. Auch bei den Arbeiten im Gebäude geht das Rätselraten über die Ursprungsdinge der Skulpturen weiter. Das Auge erfreut sich an ihrer stillen Ästhetik, die nicht der lauten Farbe bedarf. Hinzu kommt das Staunen über die feinen Zeichnungen an den Wänden, in denen sie Wollknäuel so ineinander verschränkt hat, dass sie in den Raum hineinstreben und vergessen lassen, dass eine menschliche Hand sie mit dem Fineliner erstellt hat. Bilder, die in ihren Anfängen als Skizzen für die Bildhauerei gedient haben mögen und doch ab einem bestimmten Zeitpunkt eigenständig wurden. Sie spiele mit dem Material, bis etwas passiere, es eine Bedeutung erhalte, sagt Caspary schlicht. Und ihr ehemaliger Chef meint: „Ich bin wahnsinnig glücklich, sie ausstellen zu können.“