Anwälte in der Offensive: Gurlitt mit eigener Homepage

München (dpa) - Er soll keinen Fernseher gehabt und seine Korrespondenz lieber über Briefe als übers Telefon geführt haben. Doch jetzt hat Cornelius Gurlitt eine eigene Homepage.

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Die Anwälte des betagten Kunstsammlers richteten eine Internetseite ein, um ihre Sicht der Dinge öffentlichkeitswirksam darzustellen - und wohl auch um Druck aufzubauen auf die Behörden. Die zentrale Forderung ist klar und deutlich: Gurlitt will seine Sammlung zurück - ohne Ausnahme. Er sei bereit, „nach rechtmäßiger Rückgabe der gesamten Sammlung durch die Behörden“ mögliche Verdachtsmomente zu prüfen, heißt es auf der Seite - „nach“ ist das Zauberwort.

Denn für Gurlitt und seine Anwälte ist die Sache eindeutig: Fast alle Bilder gehörten dem 81-Jährigen zweifelsfrei, Zweifel gebe es nur bei einem Bruchteil der 1280 in der Schwabinger Wohnung gefundenen Werke, den die Anwälte auf drei Prozent beziffern. Die Zahl, die die Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ nannte, sei mit rund 600 viel zu hoch. Und bei dem Salzburger Fund, der in der vergangenen Woche Schlagzeilen machte, gebe es überhaupt keinen Verdacht - sagen die Anwälte und berufen sich auf eigens beauftragte Kunstexperten.

Auf die Frage, ob die Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ auch die Bilder aus Gurlitts Salzburger Haus, bei denen es sich unter anderem um wertvolle Ölgemälde von Monet, Manet und Renoir sowie eine Picasso-Sammlung handeln soll, zu sehen bekommt, heißt es auf der Homepage kurz und bündig: „Nein“.

Und selbst wenn sich der Verdacht in den wenigen Verdachtsfällen bestätigen sollte: Die Sache sei längst verjährt, sagen Gurlitts Anwälte. Dass ihr Mandant dennoch gesprächsbereit sei und bereits in sechs Fällen Verhandlungen mit Erben führe, sei eine „freiwillige, moralisch fundierte Selbstverpflichtung von Cornelius Gurlitt“. Die Botschaft: Gurlitt muss nicht, wenn er nicht will.

Bei aller Betonung der Gesprächsbereitschaft klingt das nach einer Kampfansage an die Behörden, deren Vorgehen Gurlitts Anwälte als unverhältnismäßig kritisieren. „In Deutschland gibt es viele öffentliche und private Sammlungen, in welchen der Anteil an potenzieller Raubkunst viel höher ist als in der Sammlung Gurlitt - für diese Sammlungen und die dort verantwortlichen Museumsdirektoren gibt es jedoch augenscheinlich keine Sanktionen“, beklagt Anwalt Hannes Hartung. Ob das Team eine Beschwerde gegen die ermittelnde Staatsanwaltschaft Augsburg anstrebt, lässt Gurlitts Sprecher auf Anfrage offen.

Die Staatsanwaltschaft, die die Bilder aus Gurlitts Wohnung 2012 beschlagnahmen ließ, will sich zum Internetauftritt von Gurlitt und seinem Anwaltsteam nicht äußern. „Wir nehmen Veröffentlichungen von Beschuldigten auch auf einer Homepage zur Kenntnis“, sagte ein Sprecher. Ansonsten gebe es dazu nichts zu sagen.

Auf der Internetseite steht nun, Gurlitt sei stets davon ausgegangen, bei der Sammlung, die er von seinem Vater Hildebrand Gurlitt geerbt hat, handle es sich um das, was die Nationalsozialisten „entartete Kunst“ nannten - um Werke, die von den Nazis aus öffentlichen Sammlungen und Museen entfernt wurden. Inzwischen gebe es schon einige Anfragen deutscher Museen, die die Bilder zurückkaufen wollten.

„Cornelius Gurlitt war nicht bekannt, dass sich in seiner Sammlung auch vereinzelt Gegenstände befinden, welche heute als Raubkunst qualifiziert werden könnten“, wird auf der Homepage betont - und auch Gurlitt selbst meldet sich in einem Statement zu Wort: „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstinteressierte“, schreibt er. „So viel ist in den vergangenen Wochen und Monaten passiert und passiert noch immer. Ich habe nur mit meinen Bildern leben wollen, in Frieden und in Ruhe.“