Schuh-Schau in Rotterdam
Von Sandalen bis High Heels. In der Rotterdamer Kunsthalle ist bis zum 11. Mai eine besondere Schuh-Ausstellung zu bewundern.
Rotterdam. Wenn eine erfolgreiche Sängerin in den höchsten Tönen von etwas schwärmt, dürfte es Hand und Fuß haben: "Gib einem Mädchen die richtigen Schuhe - und sie kann die Welt erobern." Bette Midler muss es wissen.
Die 68-jährige Schauspielerin wurde vermutlich schon im Babyalter mit dem passenden Schuhwerk ausgestattet. Die Film-Welt hat sie jedenfalls erobert. Und so dürfen alle, die diesen Schritt noch vor sich haben, weiterhin davon träumen: Wie fühlt es sich wohl an, wenn sich eine Tür öffnet und 500 verschiedene Schuhe zum Greifen nahe sind?
Die Antwort folgt auf den Fuß - zumindst dann, wenn man sie in den Niederlanden sucht. Das Schlaraffenland für Schuh-Liebhaber liegt nicht etwa in dem elitär gelegenen Schloss eines Millionärs, sondern mitten in Rotterdam: Die dortige Kunsthalle zeigt die Ausstellung "S.H.O.E.S." (Sexy Heals or Easy Sandals).
Der Name ist Programm: Von lässigen Sandalen bis zu sexy "High Heels" werden 500 Schuhe präsentiert, die nicht nur dafür sorgen sollen, dass Frauenherzen schneller schlagen. Der ausgestellte Fußschmuck - darunter sind Exemplare von Stardesignern wie André Perugia, Salvatore Ferragamo, Manolo Blahnik und Christian Louboutin - hat selbstredend auch einen tieferen musealen Sinn: Die Versammlung auffälliger weiblicher Requisiten ist der Geschichte des Schuhdesigns seit 1900 gewidmet.
Hingucker sind sie alle - ob sie nun tatsächlich die Zehen wärmen oder, im Gegenteil, mehr entblößen als schützen und die Trägerin dabei auf eine harte Probe stellen. Denn naturgemäß wirkt das, was die meisten Blicke auf sich zieht, zu skurril, um tragbar zu sein. Mit so manchem Ausstellungsstück könnte man seinen Partner im Ehestreit erschlagen oder erstechen: Es gibt Schuhe, spitz wie Waffen. Nur wenige Meter davon entfernt thronen futuristische Objekte, die nicht wie Schuhe aussehen, sondern an moderne Hohlgefäße - an weiße Vasen - erinnern.
Wer seinem Partner nicht verletzten, sondern ihn lieber verführen möchte, könnte ebenfalls inspiriert werden: Hohe Hacken und sexy Stilettos scheinen jede Modewelle überlebt zu haben. Zu den außergewöhnlichsten Exemplaren gehören tierische Varianten: Pferdefuß, Dackelhinterteil, Fuchs und Fisch - bizarr sind die Formen, die ineinander übergehen und bei denen man nie sicher sein kann, wo der Schuh anfängt und wo das Drumherum endet. Und immer stellt sich die Frage: Ist das noch ein Schuh oder schon Kunst?
Das Besondere ist die Vorgeschichte: Rund 5000 Teilnehmer hatten sich an einer Online-Umfrage beteiligt, die klären sollte, was sich potenzielle Besucher wünschen. Das Ergebnis dürfte Fans von Pumps und Stiefeln genauso ansprechen wie Liebhaber von Sneakers oder Sandalen: Rein optisch bietet die Ausstellung für jeden Schuh-Liebhaber etwas. Sie zeigt Jahrhunderte alte viktorianische Schuhe, Plateausohlen aus den 1970er Jahren und vor allem zeitgenössische Entwürfe.
Etliches scheint wilkürlich gewählt zu sein, wirkt austauschbar und erinnert an die Auslage eines gewöhnlichen Schuhgeschäfts. Daneben gibt es aber auch exotische Entdeckungen an der Grenze zwischen Kunst und Realität. Dazu gehören Schuhe mit roten Bommeln, wie man sie von Pudelmützen kennt, und holländische Clogs in der Hohe-Hacken-Version. So werden zwei überdimensionale Schuhkartons zum begehbaren Ausstellungsraum: Der eine entspricht einem hellen Kleinmädchen-Traum, der andere ist ein dunkler Showroom mit allerlei skurrilem Inhalt.
Mit der ungewöhnlichen Schuh-Schau möchte sich das Team der Kunsthalle ein neues Standbein aufbauen: Sie soll eine Reihe von Design-Ausstellungen einläuten. Sieben Monate lang war das Museum geschlossen: Bei der jüngsten Renovierung wurden nicht zuletzt die Sicherheitsvorkehrungen ausgebaut. Sie waren 2012 nach einem spektakulären Kunstdiebstahl in die Kritik geraten. Damals waren sieben Gemälde gestohlen worden, darunter Werke von Picasso, Monet und Matisse.
Nun, zur Wiedereröffnung, liegt der Fokus nicht auf ausgewählten Gemälden großer Meister, sondern auf 500 Schuhen, die demonstrieren, dass der praktische Alltagsgegenstand im Lauf der Zeit auch zum Statussymbol geworden ist. Zugreifen darf die geneigte Betrachterin freilich nicht. Staunen über Schuh gewordene Männer- und Frauenträume darf man natürlich schon - frei nach dem Bette-Midler-Motto, das bis zum 11. Mai eine Wand der Kunsthalle ziert. Gebt Mädchen die richtigen Spielzeuge - und sie erobern Schritt für Schritt die Welt.