Toledo feiert das „Phänomen“ El Greco
Toledo (dpa) - Wenn am Samstag in Toledo die Uhrzeiger auf die Acht rücken, werden rund 50 Glocken von 25 Türmen in Toledo das Jahr „des Griechen“ einläuten. 400 Jahre nach seinem Tod feiert die spanische Stadt das Andenken an den großen Maler Dominikos Theotokópoulos, den die Welt als El Greco kennt.
Knapp die letzten 40 Jahre seines Lebens verbrachte der auf Kreta geborene Künstler in der Stadt südlich von Madrid. In nie dagewesener Fülle zollt seine Wirkungsstätte dem Renaissance-Maler und bedeutenden Vorreiter der Moderne nun Tribut. Bis in den Dezember hinein sind Ausstellungen, Konzerte, Kongresse und weitere Veranstaltungen geplant.
Herzstück der Hommage ist die Ausstellung „Der Grieche von Toledo“. Sie vereint ab Mitte März für drei Monate im Museo de Santa Cruz und weiteren Ausstellungsorten der Stadt mehr als 100 Werke des Künstlers, die aus den großen Pinakotheken der Welt nach Toledo gebracht wurden. „Es ist die erste Ausstellung über ihn in Toledo und die wichtigste, die je gemacht wurde“, erklärt Gregorio Marañón y Bretrán de Lis, der Präsident der Stiftung El Greco 2014. Das Todesdatum, der 7. April, ist in diesem Jahr in Toledo offizieller Feiertag.
El Grecos Weg nach Spanien führte über Stationen in Venedig und Rom, dort lernte der in byzantinischer Ikonenmalerei geschulte Maler von Tizian und Michelangelo. Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts ließ er sich in Toledo nieder. El Greco entsprang der Kunst der Renaissance und suchte doch einen Individualstil. Seine verzerrten Figuren zeigen die Abkehr vom üblichen Naturalismus.
In Toledo erhielt er einen seiner ersten Aufträge 1577 in der Kathedrale, für die er das Ölbild „Entkleidung Christi“ anfertigte. Das Werk, von dem eine Replik in der Münchner Pinakothek hängt, ist nach einer Sanierung im Prado-Museum wieder in der Sakristei zu bewundern. Das Leinwandgemälde zählt zusammen mit dem „Begräbnis des Grafen von Orgaz“ zu den größten Werken des Künstlers.
Auch wenn er fast 40 Jahre in Spanien lebte und dort starb, blieb Dominikos Theotokópoulos „der Grieche“, ein Immigrant - auch, weil er wohl nie richtig Spanisch lernte. El Greco hinterließ eine Menge Bilder - in seinem Atelier ging es fast industriell zu. Zweifel bleiben bei einigen Werken, ob er selbst zum Pinsel griff oder sie ausschließlich von seinen Schülern stammten. Zu Lebzeiten war er als Maler hoch geschätzt, galt als revolutionär. Mit seinem Tod ließ der Ruhm nach. „Er verschwand als künstlerische Referenz“, sagt Marañón.
Verschmäht und vergessen in den folgenden 300 Jahren, entdeckten ihn erst die Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts als Leitbild wieder. „Er ist der Meister, der am meisten die Malkultur des 20. Jahrhunderts beeinflusst hat“, sagt Marañón. Passend dazu feiert ihn das Prado-Museum in Madrid mit der Ausstellung „El Greco und die moderne Malerei“, die seinen Einfluss auf Maler wie Picasso, Kokoschka, Orozco oder Pollock nachzeichnet. Auch Toledo hofft, dass möglichst viel Glanz des Wahlbürgers mit dem Gedenkjahr 2014 auf die Stadt abstrahlt.
So reflektiert im Herbst eine andere Schau „El Greco: Kunst und Handwerk“, den Schaffensprozess des Malers. Zudem werden Foto-, Musik- und Tanzveranstaltungen organisiert, in Symposien diskutieren Experten über die Person El Greco. Die Stadt erwartet im Gedenkjahr rund eine Million Touristen, die Organisatoren der zentralen Ausstellung rechnen zumindest mit 250 000 bis 300 000 Besuchern. „So etwas wird es wohl kaum noch einmal geben“, sagt Marañón und spricht von einem „Phänomen El Greco“.