Deutscher Symbolismus in der Kunsthalle Bielefeld
Bielefeld (dpa) - Ihre Bilder sind geheimnisvoll und unergründlich, beschwören eine unberührte Natur und entführen in die antike Mythologie.
Auf die sich ebenso rasant wie tiefgreifend verändernden Lebensbedingungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts reagierten die deutschen Symbolisten mit einem Rückzug in innere Welten. Ihre Werke sind jetzt in Bielefeld zu sehen.
„Seit den 1870er Jahren entwickelte sich der Symbolismus als zweite moderne Kunstrichtung neben dem Impressionismus“, sagt Jutta Hülsewig-Johnen, stellvertretende Direktorin der ausstellenden Kunsthalle. „Doch während bei den Impressionisten die Darstellung der äußeren Wirklichkeit im Vordergrund stand, ging es den Symbolisten um Gefühle, Träume und das Unbewusste.“
Unter dem Titel „Schönheit und Geheimnis“ widmet die Kunsthalle Bielefeld dem deutschen Symbolismus vom 24. März bis zum 7. Juli eine umfassende Ausstellung. Gezeigt werden rund 150 Gemälde und Skulpturen von Künstlern wie Arnold Böcklin, Lovis Corinth, Franz von Stuck und Hans Thoma.
Mit ihrer Kunst schufen die Symbolisten Gegenentwürfe zu einer Welt, die sich durch den technischen Fortschritt und neue, teils verstörende naturwissenschaftliche Erkenntnisse radikal wandelte. Bilder von erhabenen, schönen Landschaften zeugen von der Sehnsucht nach einer Natur, in der sich der Mensch noch geborgen fühlen kann und die nicht als industrielles Rohstofflager dient.
Die beginnende Emanzipation der Frau thematisierten die Künstler auf zwei völlig unterschiedliche Weisen: Stellt Franz von Stuck in Bildern wie „Die Sünde“ und „Judith und Holofernes“ die Frau als männermordenden Vamp dar, so strahlen die weiblichen Gestalten Anselm Feuerbachs eine heiligengleiche Keuschheit aus.
Beeinflusst von Siegmund Freuds Analyse der menschlichen Triebnatur spielte in den Bildern der Symbolisten die Sexualität eine große Rolle. „Indem sie den ungezwungenen, lustvollen Umgang der Geschlechter darstellten, entwarfen sie ein Gegenbild zur rigiden Sexualmoral der wilhelminischen Zeit“, sagt Hülsewig-Johnen.
Anders als im Impressionismus und später im Expressionismus hat sich kein symbolistischer Gruppenstil herausgebildet. Die Kunstströmung blieb sehr breit und vielfältig. Da steht die realistische Gegenstandstreue in den Grafik-Folgen Max Klingers neben den Farbexperimenten Franz von Stucks, die starke Farbigkeit bei Ludwig von Hofmann neben dem impressionistisch aufgelockerten Duktus eines Leo Putz. „Nicht die Malerei, die von einem großen akademischen Können zeugt, sondern die Inhalte waren das Revolutionäre der symbolistischen Kunst“, unterstreicht Jutta Hülsewig-Johnen.