Die Kopflandschaften des Tony Cragg
Ausstellung: „Dinge im Kopf“ heißt die Schau in der Küppersmühle.
Duisburg. „Bildhauerei ist aufregend. Jeder Arbeit geht eine Kette von Entscheidungen voraus. Jede Änderung im Material bedeutet eine Änderung im Kopf.“ Mit diesen Worten eröffnete am Mittwoch der Künstler Tony Cragg seine Ausstellung aus 40 Schaffensjahren im Museum Küppersmühle. Sie nennt sich „Dinge im Kopf“, und der Kopf als Profil, Silhouette und „mentale“ Landschaft zieht sich in vielfachen Materialien, Stilen und Ausdrucksformen durch die Schau.
Den Anfang macht ein Foto des Studenten aus den 70er Jahren, als er noch etwas steif vor der Kamera posierte, die sich auf seine Silhouette mit Schiebermütze konzentrierte. In seinen aktuellen Bronzen strömen die Profile aus diversen Achsen in den Raum, als Köpfe von Freunden, Bekannten und Mitarbeitern. Man erlebt diese Kompositionen wie ein dynamisch ausgreifendes Vexierspiel. Dabei wächst das eine Profil ins nächste. Es verzerrt sich und wechselt von einer Ebene in die nächste. Darüber hinaus gestaltet der Künstler die Motive gegenläufig und staffelt sie auch noch.
Diese jetzigen Skulpturen haben keine Vorder- und Hinteransicht. Die rückwärtigen Köpfe wirken wie davonfliegendes Haar, das eine unglaubliche Energie in die Außenwelt entlässt. Cragg aber fasste am Mittwoch, als er von Journalisten umlagert wurde, an ein veritables Ohr in seiner Kopflandschaft. Es war das einzig konkrete Teil in diesem unfassbaren Formenspiel. Das ist das Faszinierende an seinem Werk: Es ist abstrakt und real zugleich, und es bewegt sich kontinuierlich zwischen diesen beiden Polen.
Die Schau ist keine Retrospektive, dazu müssten Werke aus aller Herren Länder eingeflogen werden, sondern sie zeigt typische Arbeiten. So kommt „Riot“ („Aufruhr“) aus Mailand ins Haus. Es ist eine der letzten Arbeiten nach dem Collage-Prinzip, als Cragg noch die Müllhalden in Wuppertal nach Kunststoff-Fragmenten absuchte und eine rennende, reitende, kämpfende Masse Mensch aus Deckeln, Flaschen, Spielzeug, Eislöffeln und einer Zahnbürste an die weiße Wand heftete. Ein erzählerisches Meisterwerk, dessen Fragmente sich wie zufällig zu Figuren fügen.
Ein Kabinett ist seinen virtuosen Zeichnungen gewidmet, in denen er Prozesse aus der Natur auf das Papier überträgt. Eine andere Zelle beherbergt seine „Erodierende Landschaft“ (1998) aus gesandstrahlten Flaschen. Eine Kunst ist dies, in der sich die Energie des Geistes in den verschiedensten Formen und Materialien entfaltet. Duisburg, Philosophenweg 55