Himmel und Hölle: Hieronymus Bosch starb vor 500 Jahren
Den Bosch (dpa) - Fliegende Fische ziehen dickbäuchige Boote über den Fluss Dieze. Am Ufer fletscht ein gehörntes Wesen die Zähne, sein langer Schwanz kringelt sich um den Hals.
Die niederländische Stadt 's Hertogenbosch hat sich für ein ganz besonderes Fest-Jahr herausgeputzt: Vor 500 Jahren starb ihr berühmtester Bürger, der Maler Hieronymus Bosch. Ihm zu Ehren wird seine Heimatstadt ein ganzes Jahr lang selbst zur Bühne für die wundersame Welt zwischen Himmel und Hölle.
„Eine Zeitreise“ verspricht Justine de Jong von der Organisation „bosch500“ den Besuchern. Über 90 Aktivitäten, 13 Ausstellungen, Theater, Tanz, eine „Himmel- und Höllen-Fahrt“ auf der Dieze, abendliche Licht- und Musikspektakel, ja sogar ein Requiem wird es geben.
Vor allem aber werden die wundersamen Wesen, für die Bosch so berühmt ist, die mittelalterlichen Gassen, Plätze und Parks beleben. Monster, Fabelwesen und Engel ziehen in den Wald des Herzogs, wie 's Hertogenbosch wörtlich übersetzt wird.
Alle seine Meisterwerke schuf der Maler in Den Bosch, wie die Niederländer die Stadt nennen. Etwa 45 gibt es noch, und sie sind heute im Besitz von 18 Sammlungen in zehn Ländern. Doch keines - es ist kaum vorstellbar - ist noch in seiner Heimatstadt. „Doch jetzt kommen viele nach Hause“, sagt der Direktor des Noordbrabants Museum, Charles de Mooij, und freut sich. Etwa 20 Gemälde und 19 Zeichnungen sind ab 13. Februar dort zu sehen. „Hieronymus Bosch - Visionen eines Genies“ ist die bisher größte Bosch-Ausstellung.
Direktor de Mooij ist zurecht stolz. Denn dass ausgerechnet sein Museum in der 140 000 Einwohner-Stadt diese spektakuläre Ausstellung zeigen kann, ist fast schon ein kleines Wunder.
Warum sollten die großen Museen auch ihre kostbaren Juwelen auf die Reise in die süd-niederländische Provinz Nord-Brabant schicken? Der „Heuwagen“ aus dem Prado in Madrid etwa oder „Das Narrenschiff“ aus dem Louvre? „Wir hatten ja nichts als Gegenleistung zu bieten,“ sagt de Mooij.
Doch dann kamen die Niederländer mit einem verlockenden Angebot. Vor neun Jahren startete das bisher umfangreichste Forschungs- und Restaurierungsprojekt zum Gesamtwerk von Hieronymus Bosch. „Wir haben die Gemälde und Zeichnungen mit den neuesten Techniken untersuchen lassen“, sagt de Mooij. 12 Werke wurden restauriert.
Die Forscher konnten einige Rätsel lösen - die Ergebnisse des Projekts werden im Februar vorgelegt. Doch das größte Rätsel bleibt. Wer war dieser Maler auf der Schwelle von Mittelalter und Renaissance, dessen detaillierte Visionen von Himmel und Hölle bis heute eine unerklärliche Anziehungskraft auf Millionen Menschen ausüben?
„Eigentlich wissen wir kaum etwas über ihn“, sagt Joop van Dijk. Der 63-jährige ehemalige Schulleiter führt in seiner Freizeit Besucher durch die Stadt. Er zeigt auf eine große Skulptur des Malers auf dem alten Marktplatz. „Ob er echt so aussah?“ Van Dijk lacht und zuckt mit den Schultern: „Wir wissen es nicht.“
Nur eines ist sicher: Am 9. August 1516 läuteten die Trauerglocken der Sint-Jans-Kathedrale zur Trauerfeier. „Das kostete 27 Schillinge“, zitiert van Dijk die Kirchenbücher. Doch wo sein Grab ist, woran er starb, ob er Kinder hatte - das alles ist unbekannt.
Als der Maler als Hieronymus van Aken um 1450 geboren wurde, war Den Bosch eine blühende, reiche Metropole - bekannt für feine Stoffe und die Kunst. Auch die van Akens waren eine angesehene Maler-Familie mit Sitz am alten Markt. „Allerdings auf der armen Seite des Platzes“, weiß der Stadtführer.
Seine Heirat mit der wohlhabenden Aleid van de Meervenne 1480 brachte Jeroen, wie er noch immer genannt wird, in die höheren Kreise und auf die „reiche Seite“ des Marktes. Er wurde sogar in die illustre Liebfrauen-Bruderschaft aufgenommen. Die sogenannte Schwanenbruderschaft besaß in der Kathedrale eine eigene Kapelle, für die Hieronymus wohl auch ein Altarbild gemalt hat. Der Ruhm des Meisters, der nun mit seinem Künstlernamen Bosch signierte, aber reichte weit über die Stadtgrenzen hinaus bis an den spanischen Hof.
Vieles in der charmanten Stadt ist noch genauso wie zu Lebzeiten des Malers. Die Gässchen, der alte Markt, die Kathedrale. Auch die Schwanenbruderschaft gibt es noch immer - ihr berühmtestes Mitglied ist heute König Willem-Alexander.
„Bosch würde sich heute immer noch zurechtfinden“, lacht Stadtführer van Dijk. Er zeigt auf das Dach der Sint-Jans-Kathedrale. Dort oben sitzen in Stein gehauene teuflische Monster. „Wie von Bosch gemalt.“ Nur eine Figur wäre dem Maler sicher fremd. Der „Engel mit dem Handy“ - der wurde 2011 bei der Restaurierung der Kirche neu aufs Dach gesetzt.