Kunst: Studieren auf eigene Faust
Immer mehr Studenten der Kunstakademie in Düsseldorf unterrichten sich selbst, weil es an Professoren mangelt.
<strong>Düsseldorf. Der hoch gepriesenen Düsseldorfer Kunstakademie gehen die genialen Lehrer aus. Es gibt kaum Neuberufungen, von Karl Heinz Petzinka einmal abgesehen, dem neuen Professor für Baukunst. Rektor Markus Lüpertz nimmt die Engpässe gelassen. "Wir haben immer zwischen drei und sieben offene Stellen. Wir brauchen sie, um über Geld zu verfügen. Der Künstler-Wechsel ist aber auch generationsbedingt. Meine Generation tritt jetzt ab." Warum es so schwierig sei, neue Leute zu finden? "Jeder, der sich an die Akademie bewirbt, muss Zeit opfern." Das führt dazu, dass sich Studenten häufiger denn je selbst unterrichten. Lehrbeauftragte helfen ihnen dabei.
Studenten bezahlen ihren Lehrer aus der Klassenkasse
Beispiel Nummer1: 22 junge Leute der Foto-Klasse, die einst von Stars wie Bernd Becher und Thomas Ruff geleitet wurde, warten seit Frühjahr 2006 auf einen Nachfolger. Thomas Struth, Wunschkandidat des Hauses und auf Platz 1 der Kandidatenliste gesetzt, sagte ab. Die Verhandlungen sind gescheitert. Wie geht es weiter? Markus Lüpertz im Gespräch: "Wir müssen uns zusammensetzen und neu überlegen." Die Studenten der Fotoklasse haben vorgesorgt und beim Rundgang an ihrer Bar die Klassenkasse gut aufgefüllt. Tutor Christoph Westermeier freut sich: "Wir können uns ab und an einen Künstler als Gast leisten, auf eigene Rechnung."Beispiel Nummer 2 ist die Immendorff-Klasse (25 Studenten), die sich noch immer so nennt, obwohl ihr Meister im Mai letzten Jahres gestorben ist. Der Tutor Niels Sievers, der die Kommilitonen während der langjährigen Krankheit und während des Berufsverbots zusammengehalten hat, ist jetzt nach Berlin gegangen. Ein Professor ist nach Auskunft von Sievers nicht in Sicht. Fest steht lediglich der Name des neuen Tutors: Es ist Alexander Gegia.
Beispiel Nummer 3: Die Malerin Rissa, 1938 geboren und seit 1975 Professorin der Akademie, hätte schon vor fünf Jahren in Pension gehen sollen. Einen Ersatz gibt es noch nicht. Als 30 Studenten, darunter viele Anfänger, auf den Fluren standen und nicht wussten, wohin sie sollten, sprang der Ex-Lüpertz-Schüler Reinhold Braun als Lehrbeauftragter ein. Zwei junge Studenten quittierten die Situation beim Rundgang mit einem riesigen A-Loch-Bild.
Die Akademie ist fast herrenlos, die Damen haben dort bis auf Irmin Kamp, die Vorgängerin von Markus Lüpertz, wenig zu sagen. Kamp wird 68 Jahre alt und muss nach dem Sommersemester gehen. Rissa und Daniel Buren sind pensioniert, Magdalena Jetelova wechselte nach München, McBride ist beurlaubt. Trockel ist die einzige Ausnahme, sie durfte mit Lüpertz in der Küppersmühle ausstellen. Die Stellen von Nikkels, Federle, Ruff, Immendorff und Buren sind nicht besetzt.