Streit um Dürer-Kunstwerk spaltet Bayern
München (dpa) - Die „Mona Lisa“ schaffte es einst nach Japan, Raffaels „Madonna di Foligno“ aus dem Vatikan nach Dresden, und ausgerechnet die rund 170 Kilometer lange Strecke zwischen Nürnberg und München soll für ein großes Werk der Kunstgeschichte zu weit sein?
Ein Streit um Albrecht Dürers berühmtes „Selbstbildnis im Pelzrock“ spitzt sich immer weiter zu - und spaltet Bayern. Das Germanische Nationalmuseum in Dürers Heimatstadt Nürnberg will das Werk für seine große Ausstellung „Der frühe Dürer“, die im Mai beginnt, ausleihen. Die Alte Pinakothek in München will es aber nicht herausrücken.
Schon lassen fränkische Politiker die alte Rivalität und geliebte Erbfeindschaft zwischen Franken und Südbayern wieder aufleben. Der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Freller drohte am Dienstag gar mit einem „Nein“ zum großen Prestigeobjekt Münchner Musiksaal, sollte der Dürer nicht für die Dauer der Ausstellung nach Franken ausgeliefert werden. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will nun ein Gespräch mit der Wittelsbacher Landesstiftung als Eigentümer des Bildes führen. Wann, das will die Staatskanzlei nicht verraten.
Zahlreiche große Kunsthäuser sind für die laut Werbung „größte Dürer-Ausstellung in Deutschland seit 40 Jahren“ zu Leihgaben bereit - darunter die National Gallery of Art in Washington, die Uffizien in Florenz, das British Museum in London oder der Pariser Louvre. Ausgerechnet die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im fast benachbarten München aber stellen sich quer.
Das mehr als 500 Jahre alte Selbstbildnis Dürers steht als eines von 113 nicht ausleihbaren Werken auf einer Sperrliste und ist da in guter Gesellschaft: Peter Paul Rubens' „Das Große Jüngste Gericht“ darf die Alte Pinakothek laut Liste ebenso wenig verlassen wie Leonardo da Vincis „Madonna mit der Nelke“ oder Sandro Botticelli „Beweinung Christi“.
Das Selbstbildnis stehe „aufgrund der überragenden Bedeutung für die Alte Pinakothek nicht für eine Ausleihe zur Verfügung“, betont der Generaldirektor Sammlungen, Klaus Schrenk, im Interview der „Süddeutschen Zeitung“. Das Selbstbildnis sei „das Gesicht der Alten Pinakothek“ - und außerdem so fragil, dass ein Transport alles andere als ungefährlich sei. Bei veränderten klimatischen Bedingungen seien Spätschäden nicht auszuschließen.
Sperrlisten, so betont Schrenk, habe jedes Museum. „Das ist eigentlich ein normaler Vorgang in der Museumswelt.“ Das sieht auch der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Volker Rodekamp, so. „Üblicherweise ist es so, dass die Museen besondere Stücke aus Dauerausstellungen nicht in den Leihverkehr geben“, sagt er. Schließlich sind die Schmuckstücke der Sammlungen die Publikumsmagneten.
Listen mit nicht-ausleihbaren Bildern hätten alle große Kunstmuseen - seien sie nun offiziell festgeschrieben oder inoffiziell verinnerlicht, betont der Chef der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister, Bernhard Maaz. Auch sein Haus sei von den Nürnbergern um die Leihgabe von Dürers „Sieben Schmerzen der Maria“ gebeten worden - und habe mit der gleichen Begründung abgesagt wie die Münchner.
Selbst das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, das die Herausgabe des Dürer-Bildes jetzt mit Unterstützung der Stadt so vehement fordert, ist beim eigenen Besitz nicht ganz so freigiebig. Eine Sperrliste gebe es nicht, betont zwar der stellvertretende Generaldirektor Daniel Hess. Allerdings habe auch sein Haus Exponate, die nicht auf Reisen gehen: Der Behaim-Globus beispielsweise, die vermutlich älteste noch existierende Darstellung der Erde, soll das Haus nicht verlassen.