Wo Hollywood und die Wüste beieinander liegen

Das NRW-Forum zeigt das grandiose Oeuvre von Albert Watson: „The Best Of.“

Düsseldorf. Alle Großen der Fotografie hatten bislang ihren Auftritt im Düsseldorfer NRW-Forum für Kultur und Wirtschaft. Jetzt ist mit 150 Werken der 1942 in Edinburgh geborene heutige US-Amerikaner Albert Watson präsent. Und Watson hat es mit seiner "Bilderflut im Kopf" dem Museumsteam nicht leicht gemacht bei der Hängung, an der er natürlich maßgeblich beteiligt sein wollte: "Noch nachts dachte er sich Veränderungen aus", erzählt Forum-Chef Werner Lippert. Man spürt: Lippert ist stolz auf diese Ausstellung, und das kann er zu Recht auch sein.

Watsons Bilder verkörpern einen immens großen Kosmos: Von der lasziven Lack- und Leder-Domina, den brutalen Lebenslänglichen (für die er sich drei Tage in den Knast sperren ließ) über fremdartig ausstaffierte Kinder oder einen mit Goldfarbe bemalten Knaben bis zum neongrün ausgeleuchteten Highway hat Watson alles in der Kamera. Und er fotografiert nicht wie fast alle seine Kollegen längst digital, sondern auf herkömmliche Art. Außerdem beherrscht er jedes Format, das über drei Meter breite und das intime, quadratische.

Aus Michael Jackson macht Watson nach mehrstündigem Shooting in der zerschnipselten Bearbeitung die Montage eines dünnen Rotierenden, dessen Fetzen er fliegen lässt. Ein anderes Bild, einst versteigert für 130 000 Euro, zeigt Kate Moss (1993). Eine Ikone ist das Hitchcock-Porträt mit der Gans.

Mick Jagger (1992) ist nur noch an seinen wulstigen Lippen und seinem wilden Blick zu erkennen, denn Watson hat ihm eine furiose Jaguar-Maske aufgesetzt. Und Mike Tyson (1986) erkennt man an dem oberschenkeldicken Stiernacken samt Schweißperlen.

Aber der Künstler Watson mit dem genialen Blick sieht noch mehr. So brachte er aus Marokko schwarzweiße Aufnahmen von zerfurchten alten Männern und schwarzgewandeten Frauen mit schwieligen Fingern mit. Die Wüste ist ein Meer aus weichwandigen Dünenwellen.

In Peking wiederum hat er hinreißende Porträts gemacht, wie zufällig entstanden. Da sieht man etwa unter einem Mao-Porträt eine übende kleine Ballerina.

Dann wieder stößt man auf Werkgruppen, die er kurzfristig und speziell für das NRW-Forum angefertigt hat. Kein Wunder, dass die Chefs der Zeitschrift "Vogue" ihm mehr als 250 Titelseiten anvertrauten.

Und dieser Mann mit dem unbestechlich guten Blick ist auf einem Auge blind! Aber nur biologisch. Denn seine Sehkraft ist von einer anderen Welt.

NRW-Forum, bis 18. Januar 2009, di-so 11-20 Uhr, freitags bis 24 Uhr, Tel. 0211/89 26 690, Katalog 120 S., 29,95 Euro