Herr Schulz und sein Vogel
Olli Schulz ist seinen Hund Marie los und tanzt dafür jetzt den Bibo. Wer denkt, der Hamburger sei durchgeknallt, wird auf seinem neuen Album angenehm überrascht.
Düsseldorf. Wedel mit den Armen, rotiere den Oberkörper, zeige die Zähne - der Ententanz ist out, es lebe "Mach den Bibo" von Olli Schulz. "Olli wer?", werden viele fragen. Doch Oliver-Marc Schulz ist kein Unbekannter, zumindest in der deutschen Indie-Szene.
Und jetzt hat er ganz wider seiner textlichen und musikalischen Art einen "Ballermann-Party-Kracher" à la DJ Ötzi herausgebracht. Mit diesem startete er vor wenigen Wochen bei Stefan Raabs "Bundesvision Song Contest" für seine Geburtsstadt Hamburg und landete auf einem passablen fünften Platz.
Nun tanzt halb Deutschland "den Bibo" und eine große deutsche Boulevardzeitung titelte: "Der neue Kult-Song". Sie bat ihre Leser sogar um Einsendung von Tanz-Videos. Witzigerweise hatte Olli Schulz dieses Szenario vorausgeahnt und lustige Schlagzeilen wie "Bibo-Mania in Deutschland" oder "Neuer Tanz heilt Krankheiten" im Video verewigt. Olli Schulz - der neue Blödel-Barde? Eher nicht!
Olli Schulz machte nicht immer Musik. Jahrelang arbeitete er als Roadie auf dem Kiez, begleitete verschiedene Künstler und lernte auch auf diese Weise das Musik-Business kennen.
Sogar an der Uni war er eingeschrieben, nach drei Semestern Medienwissenschaften hat Schulz das Studium aber abgebrochen. Dann lief ihm das musikalische Glück (oder darf man es Schicksal nennen?) über den Weg, denn er traf Marcus Wiebusch in jenem Hamburger Plattenladen, in dem er jobbte. Wiebusch, Kettcar-Frontmann und ein Drittel des Labels Grand Hotel van Cleef (GHvC), brachte Olli Schulz’ allererste Platte "Brichst du mir das Herz, dann brech ich dir die Beine" raus.
Das war 2003, damals noch unter "Olli Schulz und der Hund Marie". Hinter diesem tierischen Namen verbirgt sich der Musiker Max Schröder. Die beiden veröffentlichten noch zwei weitere Alben, beim letzten, "Warten auf den Bumerang" im Jahr 2006, wechselten sie vom GHvC zum Major-Label "Labels" (Emi), denn hier sahen sie bessere Möglichkeiten, sich zu verwirklichen.
Seit gestern steht nun das neue Album "Es brennt so schön" in den Plattenläden, sein erstes Soloalbum ohne Hund Marie. Warum? "Ich sehe Max leider kaum noch, er hat einfach keine Zeit", sagt Schulz. Max Schröder ist seit vergangenem Jahr Schlagzeuger der Band Tomte und auch noch Vater geworden.
Ganz alleine war der Musiker dennoch nicht, zahlreiche Kollegen wie Gisbert zu Knyphausen, Lee Buddah, Christian Haake ("Home of the Lame") oder Bernd Begemann unterstützen ihn bei der Aufnahme. Ab April geht er dann mit seinen neuen Songs auf Tour, begleitet von der Band "Home of the Lame".
Die erste Singleauskopplung, der Bibo-Song, entstand übrigens in New York. Olli Schulz: "In nur drei Minuten." Er saß zusammen mit dem amerikanischen Musiker Walter Schreifels, sie plauderten über die Sesamstraße und Olli meinte: "Bibo ist der Coolste." Schreifels fragte: "Who?" Man muss dazu sagen, dass es Bibo, den 2,39 Meter großen, gelben Kanarienvogel, in den USA unter diesem Namen gar nicht gibt.
Dort heißt er "Big Bird". Schnell wurden zu Bibo das Ufo und Grobi getextet, das Lied dann in der amerikanischen Hauptstadt mit Schreifels Band Rival Schools aufgenommen. Das dazugehörige Video, mittlerweile über 200000 Mal im Internet angeklickt, wurde bereits im vergangenen Jahr gedreht. Hauptdarsteller ist Bela B., der Schlagzeuger von den "Ärzten".
Wie kam es dazu? "Ich hatte noch was gut bei Bela, ein Anruf und er war dabei." Mit diesem ersten Song im Gepäck bekam er einen neuen Plattenvertrag. Denn "Labels" gab es nicht mehr - jetzt ist Olli Schulz bei Columbia Berlin (Sony).
Der Wahlberliner singt deutsch. "Ich würde auch sehr gerne englisch singen", sagt er, aber "das ist ungenügend". Olli Schulz hat in der deutschen Musiklandschaft seine Nische gefunden, die Fans lieben seine unkomplizierte Art. Er selbst sagt: "Ich mache Deutsch-Rock, der nicht so verstaubt ist".
Um seine Songtexte zu schreiben, begibt er sich nicht wochenlang in die Einsamkeit. Gibt es denn einen Ort, an dem er gerne mal auftreten möchte? "Ich war in kleinen Clubs, auf großen Festivals, spielte in der Wuhlheide, war das Vorprogramm der Ärzte", resümiert der 34-Jährige, "vielleicht noch auf einem großen internationalen Platz". Na dann, auf zum Ballermann?