Kylie Minogue: Zurück ins Rampenlicht
Kylie Minogue präsentiert mit „X“ ihr erstes Album seit ihrer Krebsdiagnose. Die Songs sind das, womit zu rechnen war: Eingängiger, tanzbarer Pop. Punkt!
<strong>Düsseldorf. "Sie kann wieder strahlen", wird heute überall zu lesen sein. Dabei ist dieser Satz im Zusammenhang mit Kylie Minogue grundfalsch. Diese Frau hat nie aufgehört zu strahlen. Manchmal vielleicht, vor allem in den vergangenen beiden Jahren, war es nur ein tapferes Lächeln, aber bestimmt nie gequält, geschweige denn, dass sie es sich hätte abringen müssen. Kylie - so darf man sie nennen, ohne distanzlos zu erscheinen - war immer ein Mensch, der bei seinen Auftritten eine fast schon inbrünstige Grundzufriedenheit verströmte. So wie auch gestern bei der Präsentation ihres neuen Albums "X" in Berlin. Diese Natürlichkeit, sei sie nun einstudiert oder tatsächlich ursprünglich, macht es selbst den härtesten Kritikern ihrer als Plastikpop gescholtenen Dance-Musik schwer, sie in Grund und Boden zu schreiben. Und jetzt, nach der erfolgreichen Brustkrebstherapie, an der die ganze Welt Anteil nahm und für die es sogar höchstoffizelle Genesungswünsche vom australischen Premierminister John Howard gab, ist das öffentliche Wohlwollen schier grenzenlos.
Wie ein Stehaufmännchen rappelte sie sich immer wieder auf
Natürlich darf sie diesen Versehrtenbonus ausnutzen. Im Gegenteil: Schön doof wäre sie, es nicht zu tun. Schließlich arbeitet sie im Popgeschäft. Insbesondere ist sie einer der wenigen Stars von Weltruhm, die das, was sie tun, auch mit Fug und Recht als Arbeit bezeichnen dürfen. Kylie wurde nie etwas geschenkt, weder außergewöhnliches Talent noch ausgiebige Schonfristen. Hatte sie nach einer regelrechten Phalanx von Hits mal einen Flop, und das kommt in 20 Jahren Musikgeschäft eben auch mal vor, wurde sie schon als Auslaufmodell bezeichnet.
Aber, wie es sich für ein Stehaufmännchen gehört, rappelte sie sich immer wieder auf, bis sie sich 2001, befördert durch das wahrscheinlich stilvollste Nabelschauvideo aller Zeiten ("Can’t Get You Out Of My Head"), in jene Superstarsphären schoss, aus denen niemand mehr abstürzen kann. Da oben ist alles schwerelos. Und zierliche Sympathieträger wie Kylie schweben besonders gut.
Auch die neuen Songs schweben. Zwar nicht alle geschmeidig, so wie sie es auf ihrem Hitalbum "Fever" taten. Aber Minogue ist wieder in ihrem Element, der basslastigen Synthie-Vergessenheit der 80er, dem Jahrzehnt ihrer Schaumgeburt. Sämtliche Stile, die auf den Tanzflächen damals gefragt waren, finden Erwähnung: der metallen-hymnische Hi-Energy-Sound mit verzerrter Vocoderstimme ("Speakerphone") genauso wie die trällernde Vierviertel-Belanglosigkeit, mit der sie das Produzenten-Trio Stock, Aitken, Waterman 1988 zum Teeniestar aufgebaut hat ("The One").
Genau darin, nämlich ihrer Zitierwütigkeit, wird auch ihr größtes Manko wieder gewahr. Einen eigenen musikalischen Stil hatte sie nie und wird sie wahrscheinlich auch nie haben. Dafür bastelt sie lieber mit den Versatzstücken dessen, was nach großem Diven-Pop klingt, mit Madonna, Kim Wilde, Debbie Harry, sogar ein bisschen mit Brigitte Bardot, deren Duett mit Serge Gainsbourg, "Bonnie & Clyde", sie für ihren Song "Sensitized" samplet.
Anfänge Geboren am 28.Mai 1968 in Melbourne. Karrierestart: die Soap "Neighbours".
Krankheit 2005 wird bei Minogue Brustkrebs diagnostiziert. Nach erfolgreicher Therapie setzt sie 2006 ihre Welttournee fort.
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