Netrebko sagt wegen Atomangst Japan-Tournee ab

New York (dpa) - Aus Angst vor atomarer Strahlung hat die russische Star-Sopranistin Anna Netrebko (39) eine Tournee nach Japan in letzter Minute abgesagt. Die Entscheidung der Russin wurde erst offiziell bekannt, nachdem die mehr als 400 Sänger und Tänzer der New Yorker Metropolitan Opera in Tokio angekommen waren - ohne Netrebko.

„Weil sie die Katastrophe von Tschernobyl hautnah miterlebt hat, hat Frau Netrebko ihre Bedenken nicht überwinden können“, hieß es am Mittwoch von der Metropolitan Opera. Das Reaktorunglück 1986 im damals sowjetischen Kraftwerk gilt als größter Atomunfall der Geschichte.

Die drei Wochen dauernde Tour mit 13 Aufführungen von „Don Carlos“, „La Bohème“ und „Lucia di Lammermoor“, die auch ein Zeichen der Solidarität sein sollte, werde nun zum Teil mit den Zweitbesetzungen gespielt. Denn auch andere Stars hätten wegen befürchteter Strahlung abgesagt, darunter der deutsche Tenor Jonas Kaufmann und Joseph Calleja aus Malta. Zuvor waren bereits Mezzosopranistin Olga Borodina, wie Netrebko aus St. Petersburg, und James Levine abgesprungen. Die Russin wolle ihre Stimme schonen, der Chefdirigent habe Probleme mit seinem Rücken. Netrebko wird in „La Bohème“ nun von der Italienerin Barbara Frittoli ersetzt.

Auch mehrere Mitglieder der Metropolitan Opera hatten Bedenken gegen eine Japantournee geäußert. Experten und auch das US-Außenministerium hätten den Künstlern aber versichert, dass es keinen Grund zur Sorge gebe. „Die Mehrheit des Ensembles ist froh, hier zu sein“, zitiert die „New York Times“ Opernchef Peter Gelb aus Tokio. „Aber Stars sind nun einmal Stars.“

Hinter den Kulissen heißt es, dass die Opernführung unglücklich sei, weil Netrebko erst wenige Tage vor Beginn der Tour abgesagt habe. „Es war nicht leicht für uns, das in letzter Sekunde zu erfahren“, sagte Gelb nur. „Aber wir sind es an der Met gewohnt, mit Absagen fertig zu werden. Das ist die Natur dieses Ungetüms.“