Düsseldorf. Immer nur am Studio-Mischpult, vor sich die große Glasscheibe, hinter der irgendein aufstrebender Popstar die Songs einsingt, die man selbst geschrieben hat und für ihn musikalisch arrangiert, das war OneRepublic-Frontmann Ryan Tedder nicht genug. Auch wenn der Job als Musikproduzent, den er zunächst bei Dreamworks, später bei Timothy "Timbaland" Mosley bekleidete, ziemlich einträglich war: "Ich hätte einfach weiter komponieren und produzieren müssen und ein bequemes Leben gehabt. Aber ich wusste, dass ich meine eigene Band haben will." Die hatte er ja auch schon, aber erfolgreich war sie nicht. 2003 bereits gründete er OneRepublic mit seinem Highschool-Freund Zach Filkins. Damals tüftelte er gerade für Mosley an den Reglern und sorgte bei dessen Schützlingen, darunter Ludacris und Bubba Sparxxx, für den typischen antizyklischen Bass-Sound, der unter der Marke Timbaland ab 2005 das Pop-Business beherrschen sollte. Und genauso wie sein Mentor sich langsam einen Namen machte, wollte auch Tedder kein anonymer Studiotäter sein. Er quittierte den Dienst und machte sich mit seiner Band auf den Weg, Songs schreiben, durch Kleinstädte touren, noch mal Lehrgeld zahlen, nur diesmal auf der anderen Seite der Glasscheibe.
Erst mit der eigenen MySpace-Seite erzielten sie breite Resonanz
Der Erfolg kam, wie in den vergangenen zwei Jahren bei so vielen jungen Künstlern, über das Netz. Mehr als Gag hatten OneRepublic bereits 2004 ihre eigene MySpace-Seite eingerichtet, auf der sie ihre Songs stellten, melodieversessene Gitarrenpopstücke, mit klassischem Arrangement veredelt. In erster Linie machten sie das, um ihren Hörerradius zu erweitern, klar. Aber mit der überbordenden Resonanz, die ihnen förmlich in Monsterwellen entgegenschwappte, hatten sie nicht gerechnet. Binnen zwei Jahren mauserte sich die Seite zu den zehn meistgeklickten MySpace-Domains überhaupt. Dabei hatten OneRepublic weder einen Plattenvertrag noch ein fertiges Album in petto. Es müssen wohl tatsächlich die Tracks ihres Webauftritts gewesen sein, die Gefallen fanden. Klassische Mund-, oder will man besser sagen, Chatpropaganda. Dabei geholfen hat sicherlich die Hit-Single "Apologize", den eben jener Timbaland neu einspielte, der Ryan Tedder damals zum nötigen Handwerkszeug verhalf. Dass der heute 28-Jährige es gut einzusetzen wusste, zeigt seine umtriebige Tätigkeit als Songschreiber namhafter Interpreten: Für Jennifer Lopez erdachte er "Do It Well", was sich als Single zwar nicht so ganz gut machte, wie der Titel es vermuten lässt. Die prominente Zusammenarbeit schaffte aber das nötige Vertrauen bei den Plattenbossen, Tedder an einen ihrer wertvollsten Rohdiamanten zu lassen. Mit Leona Lewis, Gewinnerin des britischen Casting-Formats "X-Factor", nahm er die Single "Bleeding Love" auf, die in Großbritannien zum meistverkauften Tonträger 2007 wurde und in der kommenden Woche wohl auch in Deutschland die Spitzenposition erklimmen wird. Dass es ausgerechnet der eigene Hit "Apologize" sein wird, den er damit von der Pole-Position verdrängt, kann Tedder wohl verschmerzen. Vor allem auch, weil sich im Fahrwasser dieser Erfolge nun auch die lange Arbeit an und mit OneRepublic in barem Geld niederschlägt. Im November veröffentlichte Tedders Quintett in den USA sein Debüt-Album "Dreaming Out Loud", das mittlerweile auch hierzulande erhältlich ist. Ihrem MySpace-Stil, eingänge Rockkompositionen pompös aufzubereiten, blieben sie mit den 13 Songs treu, was nicht nur Freunde fand. Die einflussreiche amerikanische Unterhaltungsgazette "Entertainment Weekly" erklärte die Platte zur zweitschlechtesten des gesamten Jahres. Wer Erfolg hat, muss mit Kritik leben können. Hauptsache, Tedder kann die Lehrjahre nun endgültig abhaken.
www.onerepublic.netDreaming Out Loud