Soviel Tatort war nie
Die Radios der ARD wollen dem traditionsreichen Genre mit einer „Tatort“-Reihe neuen Schub verleihen. Pro Monat wird eine neue 55-minütige Folge produziert.
Düsseldorf. Soviel für die Geschichtsbücher: Das erste Geräusch beim Radio-"Tatort" ist ein Telefonklingeln, den ersten Dialog sprechen die Schauspieler Rudolf Kowalski und Hilmar Eichhorn. "Suttner, LKA Düsseldorf." "Ja, Fischer hier, ihr wolltet doch wissen..." "Ah ja, Fischer aus Maagdeburg. Schön, dass Sie sich melden." "Maagdeburg liegt im Westen. Ich dagegen melde mich aus Makdeburg." "Entschuldigung." "Jaja, schon gut."
Regionales zählt zum Markenzeichen des "Tatorts", seit fast 40 Jahren im Fernsehen, ab morgenauch im Hörfunk. Man könntevon einem historischen Tag reden: Alle neun Landesrundfunkanstalten der ARD strahlen zeitgleich das Kriminalhörspiel "Der Emir" (20.05 Uhr, WDR 5) aus, die Auftaktfolge von Peter Meisenberg geschriebene Auftaktfolge. Anschließend gibt es ein "Making of", bundesweit zu hören auf den Kultur- und Wortwellen.
Fernsehen und Hörfunk sitzt das Internet im Nacken. Was liegt da näher, als die (Marken-)Kräfte zu bündeln? Der TV-"Tatort" hat bei der Erstausstrahlung sonntags zwischen sechs und zehn Millionen Zuschauer. Im Radio hofft man pro Folge auf 750000 Zuhörer, vielleicht sogar eine Million - inklusive aller Wiederholungen. Das käme schon einem Quantensprung gleich, denn bei Hörspielen schalten zurzeit meist mehrere zehntausend Zuhörer ein.
Die "Tatort"-Gemeinschaftsanstrengung soll einer breiten Hörerschaft bewusst machen, dass es das Genre Hörspiel noch gibt. "Es kommen zu wenige damit in Berührung. Viele Hörer wissen gar nicht, dass im Radio Krimis und gute Geschichten erzählt werden", weiß Skoruppa Ganz zu schweigen von den literarischen Formen, die in der ARD, bei Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur auf 40 Sendeplätzen gepflegt werden.
Wie im Fernsehen hat jedes Ermittlerteam eine regionale Note. Beim WDR geht’s um Integration, organisiertes Verbrechen und harte Stoffe aus dem Großstadtdschungel: Hauptfiguren sind der LKA-Beamte Nadir Taraki, ein Deutsch-Afghane, seine palästinensische Freundin Sima und sein Chef Suttner. In "Der Emir" wird Taraki als Undercover-Agent gegen einen Menschen- und Drogenhändler eingesetzt, obwohl seine Deckung bei einem früheren Einsatz bereits aufgeflogen war.
Alle Folgen von "Tatort" stehen bis zu sieben Tage nach der ersten Sendung online zur Verfügung. Vier Folgen pro Jahr werden auch zum kostenlosen Herunterladen angeboten, so auch "Der Emir". Außerdem gibt die ARD ab Sommer im HörVerlag eine Audio-Edition heraus.