Ruhrtriennale - Heiner Goebbels zieht Erfolgsbilanz
Bochum (dpa) - Nach drei Jahren unter Leitung von Heiner Goebbels neigt sich die bislang besucherstärkste Ruhrtriennale dem Ende zu.
Der scheidende Intendant und die Festivalmacher zogen am Mittwoch Erfolgsbilanz. „Ich glaube, die Ruhrtriennale ist eins der besten Festivals der Welt“, sagte Goebbels im Gespräch der Nachrichtenagentur dpa.
In den vergangenen drei Jahren habe er versucht, den Theaterbegriff über das hinaus zu erweitern, was institutionelle Theater- und Opernhäuser präsentieren. So setzte er auf zeitgenössische Produktionen, die häufig die Grenzen zwischen Musiktheater, bildender Kunst und Performance verschwimmen ließen - kein pädagogisches Programm, wie er betonte, sondern Resultat kompromissloser künstlerischer Freiheit.
„Ich bin überrascht, wie offen und neugierig das vom Publikum angenommen wurde“, sagte Goebbels. Allein 2014 erreichte das Festival der Künste im Ruhrgebiet mit 53 000 ausgegebenen Tickets eine Auslastung von rund 90 Prozent. Zu sehen waren rund 30 Produktionen mit mehr als 150 Aufführungen - meist an spektakulären Orten der Industriekultur wie alten Maschinenhallen oder ehemaligen Stahlwerken.
Dem gerade anfangs häufig zu hörenden Kritiker-Vorwurf, sein ungewöhnliches Programm sei elitär, widerspricht Goebbels entschieden: „Vor dem Neuen sind wir alle gleich. Ob gebildet oder nicht“, so Goebbels. Der Publikumszuwachs beweise einmal mehr, dass Zugänglichkeit kein Gegensatz zu einem zeitgenössischen Kunstbegriff sein müsse.
2014 überraschte das Festival etwa mit einer provokanten Version von Strawinskys „Le Sacre du Printemps“. Romeo Castellucci ließ statt Tänzern mit Hilfe von Maschinenkraft tierischen Knochenstaub tanzen. Goebbels Inszenierung der fast vergessenen Anti-Oper „de Materie“ von Louis Andriessen wurde mit 5000 ausgegebenen Tickets zur besucherstärksten Bühnenproduktion. Seine Hommage an das Ruhrgebiet, das Tanz- und Musiktheater-Stück „Surrogate Cities Ruhr“, folgt mit rund 4500 erwarteten Besuchern.
Darüber hinaus hat der Komponist Beiträge der bildenden Kunst zum festen und beliebten Festivalbestandteil gemacht. Die Videoarbeiten von Harun Farocki und Antje Ehmann im Museum Folkwang oder Gregor Schneiders begehbare Raumskulptur im Bochumer Kunstmuseum lockten Tausende. Insgesamt sei es gelungen, das Publikum deutlich zu verjüngen. 2013 lag der Schnitt etwa bei 47 Jahren, in den vergangenen Triennalen dagegen bei rund 53 Jahren.
Wenn die Ruhrtriennale am Wochenende mit einem Konzert des Royal Concertgebouw Orchestra in der Bochumer Jahrhunderthalle ihren Abschluss gefunden hast, will Goebbels seine Arbeit als Professor am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen wieder intensivieren. „Und ich möchte wieder komponieren - dazu bin ich schon seit 2008 nicht mehr gekommen“.
Goebbels Nachfolger, der niederländische Theatermacher Johan Simons, wird sein Programm Ende Februar präsentieren. Er hat bereits angekündigt, die Ruhrtriennale für alle Gesellschaftsschichten öffnen zu wollen und die weitere Annäherung an die Bewohner des Ruhrgebiets zu suchen.