Theater: Beseelender Pas de deux
"Verklärte Nacht" bei Ruhrtriennale.
Es gab da noch einen anderen. Soviel ist gewiss, denn die belgische Choreographin Anne Teresa de Keersmaeker schickt dem Pas de deux eines Liebespaares bei „Verklärter Nacht“ eine Art Prolog voraus. Darin begegnet die Frau distanziert einem zweiten Mann. Anschließend tanzt man, meist abgewandt, zu dritt. Arnold Schönbergs spätromantische Streichermusik setzt ein, wenn die Protagonisten allein sind.
Im Auftrag der Ruhrtriennale und der Brüsseler Oper La Monnaie schuf die postmoderne Tanzschöpferin eine Neubearbeitung des Stoffes, die in der Jahrhunderthalle in Bochum uraufgeführt wurde. 1995 hatte sie „Verklärte Nacht“, das Schönberg auf Grundlage des gleichnamigen Gedichts von Richard Dehmel von 1899 schrieb, bereits als Ensemblestück für sechs Paare und zwei Solisten in Brüssel herausgebracht.
Das Duett ist konzentrierter und erzählerischer geraten. Was überrascht, denn De Keersmaeker wird verehrt als strukturverliebte Tanzpuristin. Ihr neues Werk will sie gar verstanden wissen als Hommage an das klassische Handlungsballett.
Nach dem nüchternen Einstieg entwickelt sich entlang der musikalischen Poetik ein beseelender Pas de deux. Bei leerer Bühne und schräg einfallendem (Mond-) Licht wirken die Posen umso betörender. De Keersmaeker schmiegt sich an Schönbergs düstere Elegie, erzählt expressiv von dem Geständnis der Frau (Samantha Van Wissen), die das Kind eines ungeliebten Mannes erwartet. Sie lässt sich zu dramatischen Gefühlsausbrüchen inspirieren und zu zarter Emotionalität, wenn der Mann (Nordine Benchorf) ihr versichert, dass er das Kind annehmen will.
All das ist meisterhaft choreographiert. Am Ende verweigert sich De Keersmaeker dem Naheliegenden und lässt den Mann allein zurück.