Meinung Abgas-Standard WLTP - Peinliche Vorstellung der Autoindustrie

Wer in diesen Tag einen Neuwagen kaufen möchte, erlebt vermutlich Überraschendes: Entweder ist das gewünschte Modell nicht lieferbar. Oder der Kunde kauft die Katze im Sack, weil der Händler nicht weiß, wie viel Kraftstoff der Wagen verbraucht und wie hoch der CO2-Ausstoß des Motors ist.

Foto: Sergej Lepke

Was wie eine Geschichte aus Absurdistan klingt, ist die traurige deutsche Realität im Sommer 2018. Dahinter steckt eine einfache Erklärung: Ab September gilt für alle Neuwagen der WLTP-Abgastest. Und weil die Industrie offenbar ganz sicher war, dass die Politik diese Verschärfung noch mal verschieben würde, ist sie auf die Umstellung schlecht vorbereitet. Eine peinliche Vorstellung jener Branche, auf deren Leistungen viele Menschen hierzulande (nicht zu Unrecht) so stolz sind.

Wer nach dem Diesel-Skandal mit all seinen Betrügereien und Tricksereien auf eine demütige und geläuterte Autoindustrie gehofft hatte, sieht sich einmal mehr enttäuscht. Beispiel Partikelfilter: Mit geringem Aufwand wäre es längst möglich gewesen, den Benzinmotoren mit Direkteinspritzung immer einen Filter zu verpassen. Nur so lässt sich der Mikro-Feinstaub verhindern, der direkt in die Lunge gelangen und dort Krebs erzeugen kann. Der Filter kommt aber erst, wenn die Politik ihn erzwingt.

Viele Neuwagenkäufer werden sich in den nächsten Monaten wundern. Denn durch die WLTP-Zulassung rücken die nach wie vor im Labor ermittelten Werte näher an die Wirklichkeit heran. Die Autos verbrauchen mehr und mit dem erhöhten CO2-Ausstoß klettert auch die Kfz-Steuer. Das setzt sich im nächsten Jahr fort. Dann kommen nur noch neue Autos auf die Straße, deren Emissionen zumindest teilweise im Alltagsbetrieb gemessen wurde. Ja, die Zukunft gehört der sauberen Mobilität. Aber die Gegenwart ist schmutzig. So schmutzig, dass die Industrie Hardware-Nachrüstungen alter Diesel sicher verhindern wird.