Meinung Trumps Drohungen - Ist Europa ein Löwe oder Bettvorleger?
Es geht nicht darum, ob man den Iran mag. Das ist ein schönes Land mit einem üblen Regime. Aber dieses Regime hat sich an das Atomabkommen gehalten. Dass es eine aggressive Außenpolitik verfolgt, steht auf einem anderen Blatt.
Aber darum geht es jetzt nicht mehr. Jetzt ist die Frage, ob man sich von Donald Trump vorschreiben lässt, wie mit diesem Land umzugehen ist. Trump hält nur Deals, die er selbst abschließt, für gute Deals. Mit den am Montag begonnenen einseitigen Sanktionen will er der Welt seinen Stil aufzwingen: Drohungen, Lockungen — neuer Deal. Wenn es gut läuft. Wenn nicht: vielleicht Krieg.
Der Effekt der amerikanischen Politik ist schon jetzt sichtbar. Die Hoffnung der Iraner auf ein besseres Leben zerplatzt wie eine Seifenblase. Es wäre schön und Trump geradezu zu loben, wenn der beginnende Protest die Mullahs hinwegfegen würde, doch es ist viel wahrscheinlicher, dass er die Reformer hinwegfegt. Eine nie gesehene Grenzüberschreitung ist es, dass die USA auch europäische Firmen zwingen wollen, diesem fatalen Kurs zu folgen. Washington droht, den Boykott andernfalls auf sie zu erstrecken. Wird Europa ihm die Stirn bieten? Den Worten nach zeigt Europa Mut. Es hält am Atomabkommen fest und hat zudem das sogenannte Blockade-Statut aktiviert: Das verbietet europäischen Firmen, der US-Anordnung nachzukommen. Gut gebrüllt Löwe. Aber vorerst ist es ist Brüllen auf Kosten Dritter: der Wirtschaft.
Die meisten Unternehmen kann Europa in Wirklichkeit gar nicht vor Trumps Zorn schützen, denn für sie ist der Handel mit Amerika weit wichtiger als der mit Iran. Und selbst die, die nur den nahöstlichen Markt bedienen, finden derzeit keine Banken mehr, die ihre Geschäfte finanzieren würden. Denn spätestens die Banken fürchten US-Bestrafungen. Vieles spricht dafür, dass der Löwe, der da so laut gebrüllt hat, in dieser Angelegenheit in Wahrheit ein Bettvorleger ist. Und Trump sein Spiel spielen kann. Ausgang ungewiss.