Meinung Urteil im Wehrhahn-Prozess: Warum die Justiz nicht einfach „Passt schon“ sagt

Für viele Beobachter stand der Ausgang des Prozesses um den Wehrhahn-Anschlag schon fest, bevor er überhaupt begonnen hatte. Schließlich saß da ein in hohem Maße unsympathischer Mensch auf der Anklagebank des Landgerichts, der latent rechtsradikal und fremdenfeindlich ist, seine zahlreichen Lebensgefährtinnen oft äußerst schäbig behandelt und seinen eigenen Hund erstochen hat.

Der Angeklagte Ralf S. (Mitte) ist freigesprochen worden.

Foto: Marcel Kusch

Den notorischen Lügner gab Ralf S. obendrauf.

Nur einige von vielen Beispielen, warum man hätte sagen können „Passt schon“, wie es der Vorsitzende Richter Rainer Drees formulierte. Doch in der Justiz wird nicht alles passend gemacht. Wenn es nicht passt, muss am Ende eines Verfahrens ein Freispruch stehen.

Vor allem die Beobachter aus der linken Szene, die das Verfahren permanent im Internet begleitet haben, sind enttäuscht. Für sie ist Ralf S. eindeutig der Schuldige. Aber aus zahlreichen unbrauchbaren Aussagen kann das Gericht sich nicht eine brauchbare zusammenbasteln. Genau dies aber war das Problem, je länger das Verfahren dauerte.

Die Zeugen, die von der Staatsanwaltschaft nachträglich noch aufgefahren wurden, nachdem sie ihr Pulver eigentlich schon verschossen hatte, ließen die Zweifel eher wachsen, dass der Richtige auf der Anklagebank saß. Darum war der Ausgang des Prozesses absehbar, nachdem Ralf S. im Mai aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, weil kein dringender Tatverdacht mehr bestand. Wer nach dem Urteil nun „enttäuscht“ oder „bestürzt“ ist, hatte also genug Zeit, sich darauf vorzubereiten.

Ein Kommentar von Dieter Siekmeyer. Foto: Sergej Lepke

Bleibt die Frage, was man aus dem Verfahren lernen kann. Und das ist nicht sehr viel. Zum einen war es richtig, den Prozess zu führen, nachdem die Ermittler neue Erkenntnisse hatten. Dazu gehört aber auch, den Richterspruch zu akzeptieren.

Denn so lange man nicht weiß, wer tatsächlich hinter dem feigen Bombenanschlag steckt, sollte man sich politische Schuldzuweisungen schenken. Ob das Attentat tatsächlich der rechtsradikalen Szene zuzuordnen ist oder einen ganz anderen Hintergrund hat, ist nach dem Freispruch völlig offen. Die Polemik eines Nebenklage-Anwalts, der von dem „schwersten Fehler in der Düsseldorfer Justizgeschichte“ gewarnt hatte, ist jedenfalls völlig daneben.

Am Ende weiß nur Ralf S. selbst, ob das Urteil richtig oder falsch ist. Der lebt bereits seit Monaten im Wald, weil er keine Wohnung mehr hat. Mitleid? Sorry, das passt in diesem Fall leider auch nicht.