Meinung Der letzte Gruß der NRW-Regierung Rüttgers
Die vorhersehbar schlechte Beteiligung an der Wahl von Bürgermeistern, Oberbürgermeistern und Landräten in 177 Kommunen des Landes ist in Sachen Wahlrecht der letzte Gruß der fast schon wieder vergessenen CDU/FDP-Regierung (2005—2010) von Jürgen Rüttgers an NRW.
Weitere fünf Jahre wird es nun dauern, bis die Stadt- und Kreisräte sowie die Hauptverwaltungsbeamten wieder an einem gemeinsamen Wahltermin gewählt und ihre Wahlergebnisse vergleichbar werden. Also eine ärgerliche, aber immerhin bloß eine Übergangsphase, und ab 2020 ist dann wieder alles in Ordnung mit dem Wahlrecht in NRW? Mitnichten. Gar nichts ist in Ordnung mit dem NRW-Kommunalwahlrecht, und das wird es auch 2020 nicht sein.
Als die Regierung Rüttgers 2007 in NRW die Bürgermeister-Stichwahl abschaffte, tat sie dies aus dem Kalkül, dass diese Regelung mit etwas Glück mehr CDU-Kandidaten auf die Chefsessel der Rathäuser spülen würde. So kamen Bewerber ins Amt, die letztlich nicht einmal annähernd die Hälfte der Wähler und teils nicht einmal ein Viertel der Wahlberechtigten hinter sich brachten. Als die rot-grüne Regierung von Hannelore Kraft die Stichwahl 2011 wieder einführte, tat sie das mit dem Kalkül, dass sich in Stichwahlen vielleicht leichter eine rot-grün-sonstige Mehrheit gegen CDU-Bewerber finden ließe, wenn nur noch zwei Kandidaten im Rennen sind. Darauf wird sie seit Sonntag in Wuppertal, Solingen und Krefeld weiter hoffen.
Eine viel wichtigere Reform des Kommunalwahlrechts ging jedoch weder Rüttgers’ CDU/FDP-Regierung an, noch wird die rot-grüne Regierung von Hannelore Kraft sie freiwillig angehen. NRW ist neben dem Saarland der letzte Flecken Deutschlands, in dem die Parteien statt der Wähler auf Listen festlegen, wer am Ende in den Stadtrat einzieht. Nur in NRW und im Saarland wird den Bürgern bei der Kommunalwahl verwehrt, mindestens drei (Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) oder sogar so viele Stimmen abzugeben, wie es Sitze gibt (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein).
Bleibt es so, wird 2020 zwar wieder gleichzeitig gewählt, aber es werden wieder die Parteien statt der Wähler bestimmen, wer im Rat sitzt. Zu einer höheren Wahlbeteiligung wird das nicht führen.