Meinung Eine Chance für die CSU

Noch ist Manfred Weber nicht EU-Kommissionspräsident. Dazu müssen die Konservativen erst einmal die Europawahl gewinnen, dazu muss es dann eine Mehrheit im Parlament geben und schließlich müssen auch noch die Staatsoberhäupter den Weg frei machen.

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Trotzdem verändert schon die erklärte Spitzenkandidatur des CSU-Nachwuchstalents einiges, zumal sein Erfolg nicht unwahrscheinlich ist. Vor allen Dingen in Deutschland.

Das Wichtigste: Sie zähmt die CSU. Eine Partei, die den Juncker-Nachfolger stellen will, kann sich schlecht gleichzeitig antieuropäisch gebärden. Das Gerede über die schlimmen EU-Bürokraten dürfte in München nun weniger werden. Vielleicht auch die Anbandelungsversuche mit dem Ungarn Viktor Orban in Sachen Flüchtlingspolitik. Der künftige EU-Kommissar wird wie der alte für eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik und gegen geschlossene Grenzen eintreten. Die Signale gehen aber noch über die Europapolitik hinaus. Weber hat noch nie auf dicke (Leder-)Hose gemacht, er ist ein ausgleichender Typ. Wenn er eine so herausragende Funktion bekommt — die wichtigste, die die CSU je hatte — wird das auf den Stil der Partei zurückstrahlen. Das wäre für das Koalitionsklima in Berlin nur gut.

Es gibt auch zwei Wermutstropfen bei dieser Personalie. Der eine ist, dass Deutschland nun nicht auch noch den Präsidenten der Europäischen Zentralbank wird beanspruchen können; Jens Weidmann, Hüter eines harten Euro, hat wohl das Nachsehen. Wenn allerdings auf Mario Draghi ein anderer Nordeuropäer folgt, wird der Unterschied nicht sehr groß sein. Der zweite Wermutstropfen: Unions-Kanzlerkandidat für 2021 kann Weber wegen der Zeitabläufe kaum werden. Obwohl er auch nördlich der Weißwurstgrenze wählbar wäre. Man schmeißt so einen EU-Job nicht hin nach kurzer Zeit. Und so wird der alte Satz, dass ein Bayer nie Kanzler wird, vorerst wohl unwiderlegt bleiben.