165 000 Krebserkrankungen - eine Zahl wie ein Auftrag
165 000 Krebserkrankungen allein in diesem Jahr wären vermeidbar — eine Zahl, die zuerst aufschrecken lässt und dann ins Grübeln bringt. Ist nicht alles irgendwie vermeidbar, was in seinem Zustandekommen punktgenau gar nicht nachvollzogen werden kann?
Wer an Krebs erkrankt, ist oft genug nicht nur völlig niedergeschlagen, sondern auch tief verzweifelt mit der Frage beschäftigt: warum ich? Was genau habe ich falsch gemacht? Und oft genug gibt es darauf auch keine Antwort.
Vor drei Jahren hatte das eine Aufsehen erregende Studie gleichsam bestätigt: In der hieß es, dass zufällige Mutationen („bad luck“) den größten Beitrag zur Entwicklung von Krebserkrankungen leisten und häufig wichtiger seien als erbliche oder externe Umweltfaktoren. Der Schluss der Forscher seinerzeit: Früher erkennen ist wichtiger als aktive Versuche der Verhinderung.
Aber das ist eben nicht die ganze Wahrheit. Die Internationale Agentur für Krebsforschung hat jene Studie schon damals sofort heftig kritisiert, weil der Zufall durchaus eine Rolle spielen könne, vieles aber eben doch durch externe Faktoren beeinflusst sei. Ist das eine gute Nachricht? Durchaus, zumal jetzt drei Studien des Deutschen Krebsforschungszentrums nachweisen, wie effektiv eine ausgesprochene Vermeidungsstrategie potenziell künftiger Krebspatienten sein kann.
Dass die Forscher mit dieser plakativen Zahl ins Rennen gehen, ist weniger wissenschaftlich seriös als vielmehr der Versuch, unsere völlig unverständliche gesellschaftliche Nachlässigkeit bei Themen wie Übergewicht, Rauchen, Trinken, Sonnen, Feinstaub- und anderen Umweltbelastungen zu brandmarken. Und es ist zugleich der Auftrag, einen neuen Gesellschaftsvertrag zu schließen, in dem Politik nicht mehr jene schützt oder gar fördert, die von diesen — verharmlosend gesprochen — Lastern der Menschheit profitieren. Was der Einzelne am Ende dann daraus macht, bleibt ihm freilich selbst überlassen.