Meinung Konzert in Chemnitz - ein beeindruckendes Signal
Das Gute zu tun, kann niemals falsch sein. Und was sollte nicht gut daran sein, wenn sich angesehene deutsche Bands für ein Konzert bereiterklären, das ein Zeichen sendet in die Republik und in die Welt: Wir sind da und erheben die Stimme gegen rechte Hetze.
Und wir sind viele, tatsächlich sind wir die Mehrheit. Das hilft mindestens zur Beruhigung der eigenen Angst. Der Auftritt in Chemnitz am Montagabend war ein beeindruckendes Signal. Mit der Stadt und den Problemen allerdings, für die Chemnitz gerade stellvertretend für viele andere Städte in Ost- und Westdeutschland steht, hat das nicht allzu viel zu tun.
Denn diese Probleme bleiben vor Ort, an ganz vielen Orten, während die Künstler und deren Publikum wieder weg sind. Es gehört ja zur Wahrheit zu sagen, dass da Tausende Menschen aus dem Westen zu einem Event auf den Parkplatz zwischen Chemnitzer Hauptbahnhof, Marx-Denkmal und Rathaus gekommen sind, die am Abend wieder heimgefahren sind. Und die von vielen Menschen im Osten mitsamt manchem Künstler — sanft gesprochen — als ausgesprochene „Schlaumeier“ wahrgenommen werden.
Wer verstanden hat, dass zur Aufarbeitung der Vorfälle von Chemnitz neben dem unerlässlichen resoluten Einschreiten gegen rechte Spitzen auch die verstärkte Gesprächsbereitschaft für einen Weg hin zum überfälligen gesellschaftlichen Konsens notwendig ist, der kann dieses Konzert auch kritisch sehen. Weil es eben nur den Teil erfüllt, der in Abwendung besteht. Reinkommen, abkanzeln, abhauen — wäre das die zentrale Empfindung jener Menschen, die sich offenbar allein gelassen und längst nicht mehr von Politik und anderen gesellschaftlichen Kräften vertreten fühlen, dann ist es das falsche Signal — und wird die Spaltung eher noch verstärken.
„Wir sind mehr“ ist wichtig, aber nur ein erstes starkes Signal, das sehr schnell erweitert werden müsste in ein „Wir sind da“. Vor Ort. Bereit, die Probleme ernst zu nehmen. Auf Augenhöhe.