Meinung Neue Lage, alte Kämpfe

Mit dem drohenden Handelskrieg der USA, der Aufkündigung des Iran-Abkommens und der Zuspitzung der Lage in Nahost ist die raue Wirklichkeit schon nach zwei Monaten über die große Koalition in Berlin hereingebrochen.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff

Foto: k r o h n f o t o . d e

Und es zeigt sich: Sie hat zwar einen 180-seitigen detaillierten Vertrag. Aber eine gemeinsame Gesinnung, die fehlt.

Mitten in den größten internationalen Herausforderungen streitet die Berliner Regierung um Familiennachzug und Ankerzentren, um Sonderausschreibungen für Öko-Energien und das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit. Wie in einer Endlosschleife. Dieser Streit bestimmt derzeit den Emotionshaushalt der Abgeordneten und bindet ihre Energie. Wie lächerlich. Das alles erinnert sehr an die verunglückte schwarz-gelbe Koalition von 2009, die „Gurkentruppe“.

Schuld sind alle drei Partner. Die CSU, weil sie sich sofort wieder in einen neuen Wahlkampfmodus begeben hat, diesmal für ihre eigene Landtagswahl, den sie mit polarisierenden Äußerungen und Aktionen betreibt. Die SPD, weil sie den Wahlkampfmodus partout nicht verlassen will. Die These von Andrea Nahles, man könne in der Regierung sein und sich gleichzeitig gegen die Partner als Partei profilieren, funktioniert eben nicht mehr, sobald die internationale Situation ernster wird. Dann wollen die Leute keine Scharmützel ums Kleingedruckte, dann wollen sie Handlungsfähigkeit sehen. Es sollte nicht wundern, wenn in Bayern im Herbst beide Parteien abgestraft werden.

Und zu nennen ist auch die CDU nebst Chefin. Angela Merkel hat gestern im Bundestag sehr eindrucksvoll geschildert, worum es jetzt eigentlich gehen muss. Wenn diese Rede als Ankündigung zu verstehen war, in einer so schwachen Koalition stärker die Zügel anzulegen, also öfter von der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin Gebrauch zu machen, dann sollte sie das gelegentlich zeigen. Auch den eigenen Leuten.