Meinung Nicht Bürgerwehren, der Staat muss Sicherheit bieten

Rainer Maria Kardinal Woelki hat mit der Feststellung recht, dass die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln die Gesellschaft spalten und — zumindest aktuell — destabilisieren. Das Vertrauen vieler Menschen in Justiz und Polizei ist erschüttert.

Ein Auswuchs dieser Verunsicherung ist die Gründung von Bürgerwehren, die als Reaktion auf die Ereignisse von Köln entstanden sind, in unserer Region unter anderem in Düsseldorf und Krefeld. Auch wenn die Düsseldorfer Bürgerwehr vorerst auf Rundgänge verzichten will — dass sie innerhalb kürzester Zeit mehr als 13 700 Mitglieder gewinnen konnte zeigt, welche Kreise die Verunsicherung in der Bevölkerung zieht.

Natürlich gibt es viele Menschen, die Angst davor haben, Opfer von Verbrechen oder Straftaten zu werden. Die Nachrichtenlage befeuert dies. Aber wollen sie wirklich von diesen selbst ernannten Beschützern in Sicherheit gewogen werden? Hoffentlich nicht. Ein Blick in die neuen Bundesländer zeigt, dass Bürgerwehren, die dort seit Jahren existieren, Rechtsradikale anziehen. Martialisches Auftreten und Demonstration von Stärke gehören zu ihrem Selbstverständnis — für viele auch Gewalt.

Wenngleich die hiesigen Bürgerwehren versichern, keinesfalls solche Mitglieder zu akzeptieren — wer will ausschließen, dass sie genau aus dieser dunklen Ecke Zulauf erhalten?

Außerdem stehen Bürgerwehren juristisch auf dünnem Eis. Das Gewaltmonopol liegt in Deutschland beim Staat, und nur staatliche Sicherheitskräfte sind befugt, es durchzusetzen. Die Mitglieder von Bürgerwehren dürfen lediglich — wie alle anderen Bürger auch — das Festnahmerecht anwenden. Das heißt, man darf eine Person festhalten, wenn man sie auf frischer Tat ertappt. Mehr nicht. Zudem ist in diesem Fall sofort die Polizei einzuschalten.

Die einzige Lösung des Problems mit selbst ernannten Beschützern liegt bei der Landesregierung. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Innenminister Ralf Jäger (beide SPD) müssen alles daran setzen, das verlorene Vertrauen der Bevölkerung so schnell wie möglich zurückzugewinnen. Eine Entschuldigung für die Vorfälle in der Silvesternacht und die kurzfristige Aufstockung der Polizeikräfte um 500 Leute sowie erst einmal mehr Präsenz auf den Straßen sind ein Anfang. Die Nagelprobe erfolgt aber zu Karneval. Ein erneutes Versagen der Behörden würde niemand mehr verzeihen. Mit unabsehbaren Konsequenzen.