Polizeiüberlastung NRW-Polizei am Limit - Politik trägt Mitschuld

Meinung | Düsseldorf · Erdogan, Hambach, Bundesliga - Der NRW-Polizei droht ein Chaos-Wochenende. Der Zeitpunkt für die Machtdemonstration mit Tausenden Beamten im Hambacher Forst ist denkbar schlecht.

Die Polizei ist dieser Tage in NRW stark gefordert.

Foto: dpa/David Young

Ja, an diesem Wochenende ist es mit Erdogan, Hambach und Fußball wirklich extrem: Die Bereitschaftspolizei in NRW ist am Limit. In vielen Fällen sicher auch schon darüber hinaus. Was am Samstag nach dem Verbot der Großkundgebung an der Ditib-Moschee in Köln geschieht, ist kaum kalkulierbar. Zehntausende Anhänger und Gegner des türkischen Staatspräsidenten werden anlässlich der  Moschee-Eröffnung in die Domstadt kommen und demonstrieren. Es ist ihr gutes Recht. Das gehört zum Wesen der Demokratie. Und es ist Aufgabe des Staates, dabei die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten. Insofern muss dieser Einsatz sein, so schwierig er für die mehr als 4000 Beamten auch sein mag.  

Ganz anders liegt der Fall im Hambacher Forst. Dort will die schwarz-gelbe Landesregierung ein Exempel statuieren. Sie möchte beweisen, dass sie den Mumm hat, Recht auch dann durchzusetzen, wenn der Widerstand massiv ist. Als Grund, warum die Baumhäuser ausgerechnet jetzt geräumt werden müssen, beruft sich das Bauministerium auf fehlenden Brandschutz und akute Gefahrenabwehr. Mit Verlaub: Das ist reichlich konstruiert, weil es die Baumhäuser zum Teil schon seit Jahren gibt – aber weder die alte Kraft- noch die nicht mehr so neue Laschet-Regierung haben sich dafür interessiert. In der Energiepolitik bewegt sich viel in diesen Tagen. Es gilt jetzt zu entscheiden, wann der unvermeidliche Kohle-Ausstieg kommt. Insofern ist der Zeitpunkt für die Machtdemonstration mit Tausenden Beamten im Hambacher Forst denkbar schlecht. Zumal befürchtet werden muss, dass es bei Beginn der Rodung über Monate hinweg zu gewalttätigen Konflikten kommt. Das hätte die Politik der Polizei zumindest jetzt ersparen können.

Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Unter Leitung von Innenminister Herbert Reul sind die Einsatzkräfte sowieso schon stärker gefordert. Der CDU-Mann fährt insbesondere gegen kriminelle Clans in NRW eine Null-Toleranz-Strategie. Meist sind es türkisch-arabische Großfamilien mit Bezug zum Libanon, die die Missachtung des Gesetzes für normal halten. Reul hält dagegen. Das ist richtig. Aber es bindet Kräfte. Obwohl die Landesregierung bei der Polizei zahlreiche neue Stellen geschaffen hat, kommt die Entlastung erst ab 2022. Denn solange dauert die Ausbildung. Auch die Einstellung von 500 zusätzlichen Tarifbeschäftigten pro Jahr kann den Personalmangel bei der Polizei nur bedingt auffangen, weil sich bei zu geringer Bezahlung kaum geeignete Bewerber finden lassen. Ende 2017 waren bei der Polizei 2,9 Millionen Überstunden aufgelaufen. In diesem Jahr dürfte diese Zahl beträchtlich wachsen. Hier findet Überforderung statt. Gute Politik ist das nicht.